2024-05-28 21:39:30
Der Finanzinvestor Nordic Capital bringt seinen Rollstuhlhersteller Sunrise Medical an die Börse. Die Aktie solle voraussichtlich im Sommer erstmals in Frankfurt gehandelt werden, teilte der Börsenkandidat am Dienstag mit. Der Eigentümer wählt dabei den Weg einer Privatplatzierung, in welcher nur ausgewählte institutionelle Anleger zum Zuge kommen. Sie bekommen erstens neu ausgegebene Aktien aus einer Kapitalerhöhung angeboten – was Sunrise Medical 240 Millionen Euro Erlös für den Schuldenabbau einbringen soll. Zweitens können sie Aktien vom Eigentümer Nordic Capital erwerben, der die Mittel daraus selbst einstreicht.
Damit kündigt sich in Frankfurt der dritte Börsengang eines Unternehmens aus Private-Equity-Hand in diesem Jahr an – nachdem Triton den Panzergetriebehersteller Renk in den öffentlichen Handel gebracht hat und CVC den Parfümeriekonzern Douglas. CVC wählte als Weg ein klassisches IPO (Initial Public Offering), in dem der Eigentümer öffentlich Kapital einwirbt. Triton hatte das mit Renk in einem ersten Anlauf 2023 ebenfalls versucht, dann aber Stunden vor dem vorgesehenen Termin das Projekt zurückgezogen. Im zweiten Anlauf kam der Panzergetriebehersteller dann über eine Privatplatzierung an den Markt, so wie das jetzt für Sunrise Medical vorgesehen ist. Der Einzelanleger bleibt bei dieser Spielart des Börsengangs außen vor – er kann erst im Anschluss über den Börsenhandel ins Unternehmen investieren.
Einzelaktionäre bleiben außen vor
Der Streubesitz solle nach dem Börsengang „bis zu 30 bis 40 Prozent“ betragen, sagte Sunrise Medicals Finanzvorstand Adrian Platt in einer Telefonkonferenz mit Journalisten. Das Unternehmen aus dem baden-württembergischen Malsch stellt Rollstühle, Scooter und andere Produkte für Menschen her, die in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt sind. Es ist in 23Ländern tätig und beschäftigt 2800 Mitarbeiter. In den ersten neun Monaten des laufenden Geschäftsjahres 2023/24, das Ende Juni endet, erzielte die Firma 516 Millionen Euro Umsatz und 108 Millionen Euro bereinigtes Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda), entsprechend gut einem Fünftel bereinigter operativer Marge. Als Wettbewerber können die börsennotierte skandinavische Embla Medical und die nicht gelisteten US-Konzerne Permobil und Pride Mobility gesehen werden. In Deutschland ist in einem vergleichbaren Segment – jedoch mit anderen Produkten, nämlich Prothesen – Ottobock aus Duderstadt tätig, die eine Zeit lang ebenfalls Börsenkandidat war.
Als globale Koordinatoren für Sunrise Medicals dienen Bank of America, UBS und Jefferies. Wenn das Unternehmen den Erlös aus dem Börsengang in den Schuldenabbau gesteckt hat, soll der Verschuldungsgrad (Nettoschulden im Verhältnis zum bereinigten jährlichen Ebitda) auf 2,5 sinken, wie Platt erläuterte. Ende März stand die Kennziffer bei 4,1 auf Basis des Ebitda der vorangegangenen zwölf Monate (LTM, Last Twelve Months).
Unternehmen mit US-Wurzeln
Sunrise Medical entstand, als die amerikanische Sunrise 1992 den deutschen Hersteller Sopur übernahm. Im Jahr 2000 übernahm eine Investorengruppe unter Beteiligung von Vestar das Unternehmen und nahm den Rollstuhlhersteller von der amerikanischen Börse. Zwölf Jahre später erwarb das Private-Equity-Haus Equistone – vormals Barclays Capital – die Gesellschaft. Es reichte den Hersteller 2015 an Nordic Capital weiter. Die Skandinavier besaßen damals schon den Konkurrenten Handicare und deuteten an, beide Unternehmen miteinander zu verschmelzen. Das passierte auch, jedenfalls teilweise: Die zu Sunrise Medical passende Handicare-Sparte wurde integriert, der Rest ging an die amerikanische Savaria. Entsprechend seiner Unternehmensgeschichte erzielt Sunrise Medical etwa ein Drittel seines Umsatzes in Amerika. Im jüngsten vollen Geschäftsjahr 2022/23 erzielte das Unternehmen 636 Millionen Euro Umsatz, nach 544 Millionen Euro im Geschäftsjahr zuvor. Das Ebitda stieg binnen Jahresfrist auf 118 von zuvor 99 Millionen Euro.
Nordic Capital ist in Deutschland durch mehrere Unternehmen bekannt. So hält die Beteiligungsgesellschaft die größte deutsche Pflegeheimkette Alloheim, deren eigentlich geplanten Weiterverkauf sie vor einiger Zeit verschoben hat. Im Markt der Kreditvermittler schuf sie vor zwei Jahren die Gesellschaft Bilthouse aus der Fusion von drei der größten zehn deutschen Anbieter, nämlich Baufi24, Hüttig & Rompf und Creditweb. Auch der Medizindienstleister GHD und die Industrietechnikgesellschaft Proglove gehören zum Portefeuille.
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