Un trésor culturel au centre de Madrid

Un trésor culturel au centre de Madrid

2024-06-07 21:59:02

Die runde Stahltür ist so breit wie ein Männerarm. Um den Tresor zu öffnen, braucht es nicht nur den Code, sondern auch viel Kraft. Über zwei Stockwerke säumen fast 1800 Schließfächer die Wände. Früher lagerten dort Goldbarren, Diamanten und Geldbündel. Jetzt sind es alte Stifte, eine Brille, Schlüssel, Uhren, Hüte und viel Papier. Sie passen eher in ein Fundbüro als in den gepanzerten Hochsicherheitsraum einer Bank in einem tiefen Keller. Aber in den Fächern unter der Madrider Alcalá-Straße liegt eine andere Art von Schatz mit unbezifferbarem Wert.

Das Gebäude mit den monumentalen Säulen wurde 1918 für die Banco Español del Río de la Plata gebaut. Heute hat dort das Instituto Cervantes seinen Sitz. Das staatliche Kulturinstitut ist für die Pflege und Verbreitung der spanischen Sprache und Kultur in Spanien und auf der Welt zuständig. Zum ersten Mal ist nun im ­alten marmornen Schalterraum zu sehen, was der Tresor birgt, der schon als Film­kulisse bekannt wurde; normalerweise ist er nicht zugänglich.

„Unser kollektives kulturelles Gedächtnis“

Die Ausstellung heißt: „Der größte Reichtum“. Sie zeigt eine Auswahl dessen, was die Schließfächer bergen. Es sind mehr als 100 sehr persönliche Nachlässe nicht nur von Schriftstellern, sondern auch von Musikern, Zeitungs­verlagen und Prinzessinnen. „Das ist unser kollektives kulturelles Gedächtnis“, sagt Cervantes-Direktor Luis García Montero, der selbst Dichter ist.

In der „Caja de las Letras“, wie sein Institut den Tresor nennt, gehörten aber dazu auch die „Dinge des Lebens“. Seit 2007 ist es in Spanien ein kulturelles Ritual, wenn der Direktor mit den Stiftern in den riesigen Safe geht und sie dann ihren Nachlass einschließen; einen Schlüssel behalten sie.

In dem Keller ruhen auch Geheimnisse

Die Auswahl ist sehr persönlich und geht weit über handgeschriebene oder ­ge­druckte Nachlässe hinaus. Erstausgaben und Manuskripte sammelt ohnehin die ­Biblioteca Nacional de España gleich um die Ecke am Recoletos-Boulevard. Im Schließfach Nummer 1483 etwa steht ein kleiner Glasbehälter mit Erde. Sie kommt aus dem Hof des Geburtshauses des Literatur-Nobelpreisträgers Gabriel García Márquez im kolumbianischen Ort Aracataca, daneben eine ­Reproduktion des ersten Absatzes von dessen Roman „Hundert Jahre Einsamkeit“.

Von Federico García Lorca sind zwei Seiten aus seinem Studienbuch aus der Universität von Granada ausgestellt. Es verzeichnet zweimal „bestanden“ und nur eine „Zwei“ in Sprache und Literatur.

In dem Keller ruhen auch Geheimnisse. Manche Stifter haben vorgeschrieben, dass ihre Zeitkapseln erst nach einem Jahrhundert geöffnet werden dürfen. Nur der Autor Eduardo Mendoza weiß zum Beispiel, was sich in der hölzernen Schachtel mit dem braunen Band befindet, für die er kein Öffnungsdatum angegeben hat. „Das Einzige, was nach dem Verschwinden von Menschen überleben kann, ist die Erinnerung. Ich möchte das Verschwinden meiner Erinnerung ein wenig verlängern“, sagte er, als er seinen Nachlass im Safe einschloss.

Persönliche Geschichten aus Spaniens jüngerer Vergangenheit

Der Priester, Politiker und Dichter ­Ernesto Cardenal brachte aus Nicaragua einige maschinengeschriebene Gedichte mit, zusammen mit seiner Brille und der schwarzen Txapela-Mütze, die er immer trug.

Andere Erinnerungsstücke erzählen persönliche Geschichten aus Spaniens jüngerer Vergangenheit. Während und nach dem Bürgerkrieg gingen viele Künstler ins Exil und kamen erst nach dem Tod des Diktators Francisco Franco zurück. So deponierten Rafael Alberti und María ­Teresa León in ihrem Schließfach die ­Pässe, die sie bei ihrer Heimkehr aus dem Exil nach Spanien benutzten. Der Dichter war befreundet mit dem später ermordeten García Lorca und anderen linken ­Autoren der „Generation von 1927“.

Die argentinische Comedy-Musikgruppe Les Luthiers, die sich 2023 auf­löste, ließ ihr Gründungsdokument einschließen, der Komponist Cristóbal Halffter eine Partitur­seite.

Die staatliche Nachrichtenagentur Efe und die Illus­trierte „Hola“ haben ebenfalls eigene Schließfächer. Der bekannte Rundfunkjournalist Iñaki Gabilondo hinterließ zu Jahresbeginn das Mikrofon des Senders Cadena SER, das er nach mehr als 50 Jahren für seinen letzten Kommentar nutzte.

Kritik an Cervantes-Direktor Montero

César Antonio Molina, der im Jahr 2007 mit dem Institut ins Bank­gebäude umzog, ist mit der Auswahl nicht zufrieden. Er hält seinem seit 2018 amtierenden Nachfolger Montero vor, er habe den großen Safe zu einer Konkurrenz für den Rastro gemacht, den großen Madrider Flohmarkt: Ihm ist Monteros Kulturbegriff zu beliebig. Anfangs hatte sich das Institut auf die Träger des Premio Cervantes konzentriert. So heißt der wichtigste Literaturpreis in der spanischsprechenden Welt, der dort ähnliches Ansehen ­genießt wie der Literaturnobelpreis.

Tatsächlich muss man gar nichts geschrieben haben, um aufgenommen zu werden, wie das Beispiel der 18 Jahre alten Kronprinzessin Leonor zeigt. Sie hatte im Madrider Cervantes-Institut an ihrem 13. Geburtstag 2018 zum ersten Mal ­öffentlich gesprochen und drei Sätze aus der spanischen Verfassung vorgetragen.

Mit 15 Jahren stattete sie dem Kultur­institut ihren ersten offiziellen Solobesuch ab – ohne das ­Königspaar an ihrer Seite. Im Schließfach 2021 hinterließ die heute Achtzehnjährige ihr Erbe: ein Exemplar der Verfassung und eines des „Don Quijote“, aus dem sie und ihre Schwester Sofía am Welttag des ­Buches vorgelesen hatten. Auch sie sind mit einer handschriftlichen Widmung in der Ausstellung noch bis ­Mitte Juni in Madrid zu ­sehen – ehe sie dann wieder im Safe verschwinden



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