Un homme survit à un incendie dans son appartement, attaché à son lit : la tentative d’assassinat était-elle fausse ?

2024-09-27 11:53:52

Man hört Chokri A. sekundenlang, bevor er den Gerichtssaal betritt – seine Handschellen, den Schlüsselbund der Wachtmeister, die ihn führen. Dann ist er da, in grauer Jogginghose, mit breitem Silberring im linken Ohr und gepflegtem Dreitage­bart. Die Handschellen werden ihm abgenommen, er gibt seinem Verteidiger und seinem Übersetzer die Hand. Es geht mal wieder um alles für ihn. Seit dem 16. November 2023 ist das so. Auch an jenem Morgen wurden A. Handschellen abgenommen, sie hätten ihn das Leben kosten können. Die Polizei hielt ihn für das Opfer eines Mordversuchs. Jetzt sitzt der 26 Jahre alte Tunesier in Untersuchungshaft, weil er einen gefährlichen Brand­anschlag auf sich inszeniert haben soll.

Wer den Prozess am Mittwoch vor dem Landgericht Dresden verfolgt, könnte dennoch meinen, angeklagt sei nicht er, sondern seine frühere Partnerin Nancy S. Über die Zwanzigjährige gibt es zwei Erzählungen, die sich teilweise überlappen, aber zu anderen Schlussfolgerungen führen. Der einen folgten die Ermittler zunächst. Chokri A. hatte an jenem Tag im November um 8.37 Uhr den Notruf gewählt, weil sich in seiner Wohnung im Dresdner Stadtteil Striesen rasend schnell Feuer ausgebreitet hatte und er mit Handschellen an sein Bett gefesselt war.

Er trug schwere Brandverletzungen davon

Nur mit Mühe schaffte er es, sich auf den Balkon zu schleppen, mit einem Teil des brennenden Bettgestells. Ein Video zeigt, wie die Flammen aus der Wohnung schlagen. A. trug schwere Brandverletzungen davon, er rettete sich auf einen unteren Balkon. In der Wohnung entstanden Schäden in Höhe von mehr als 300.000 Euro. A. gab an, seine drogen­abhängige frühere Partnerin sei unter einem Vorwand in die Wohnung gekommen, habe ihn mit Pfefferspray und einem Messer angegriffen, ihm die Handschellen angelegt und die Matratze angezündet. Am gleichen Tag wurde S. wegen Verdachts des versuchten Mordes festgenommen und saß 16 Tage in Untersuchungshaft.

Dann wurde sie entlassen, weil sich der Verdacht gegen sie nicht erhärtete. Im Gegenteil: Nun gingen die Ermittler davon aus, dass sie an diesem Morgen gar nicht in der Wohnung gewesen war – und dass A. den Mordversuch auf sich vorgetäuscht hatte, möglicherweise um das alleinige Sorgerecht oder den alleinigen Umgang für die gemeinsame, inzwischen 21 Monate alte Tochter und in der Folge eine dauerhafte Aufenthaltserlaubnis in Deutschland zu erhalten; er hatte nur eine Duldung.

Der Angeklagte bestreitet alle Anschuldigungen

Bis heute bestreitet Chokri A. alle Anschuldigungen. Seit Februar befindet er sich in Untersuchungshaft. Im Juni erhob die Staatsanwaltschaft Anklage: besonders schwere Brandstiftung, falsche Verdächtigung und Freiheitsberaubung, weil S. wegen seiner Aussage in Untersuchungshaft kam. Geht es nach der Anklage, soll er für sechs Jahre und zehn Monate in Haft.

Denn das ist die zweite Erzählung über Nancy S.: Zwar sei sie suchtkrank, obdachlos und nicht immer da wie verabredet – aber nicht daran interessiert, A. zu schaden. Im Prozess gegen ihn ist sie Nebenklägerin, aber meist nicht anwesend. Ihre Anwältin Ricarda Dornbach plädiert an diesem Prozesstag: „An Frau S. ist in diesem Prozess kein gutes Haar gelassen worden“, sagt sie. Das Schlimmste für ihre Mandantin sei, dass A. es geschafft habe, viele aus ihrem Umfeld, etwa ihre eigenen Eltern, auf seine Seite zu ziehen. „Ob sie sich jemals mit ihrer Familie versöhnen kann, steht infrage“, sagt Dornbach. Ihr Ruf sei unabhängig vom Ausgang des Prozesses ruiniert. Dornbach schließt sich der Beweiswürdigung und dem beantragten Strafmaß der Staatsanwaltschaft an.

Am Tatort fand sich keine DNA von Nancy S., nicht mal an den Handschellen, ihr Handy war nicht in der Nähe geortet worden, keine Überwachungskamera zeigte sie, niemand sah sie an dem Morgen in der Umgebung der Wohnung. Zwei Zeugen haben bestätigt, dass S. in der Nacht zuvor bei einer Freundin geschlafen habe und auch am Morgen noch bei ihr gewesen sei. Auch fanden sich keine Spuren von Pfefferspray in A.s Augen, nicht mal Rötungen. Die Messerverletzungen an seinem Hals waren präzise, oberflächliche Kratzer, die er sich selbst zugefügt haben könnte. In seiner Lunge wurde kein Kohlenmonoxid gefunden, nach Auffassung von Sachverständigen wäre es nachweisbar gewesen, hätte er so lange mit den Flammen gekämpft wie behauptet.

Ohnehin wirkt der Ablauf aus Sicht der Ankläger unrealistisch. Frühestens gegen 8.30 Uhr war Chokri A. zurück an seiner Wohnung, er hatte die Tochter zuvor zur Tagesmutter gebracht. Hätten S. sieben Minuten gereicht, um mit A. in die Wohnung zu gehen, mit ihm zu diskutieren, ihn mit dem Messer zu bedrohen und ans Bett zu fesseln, es anzuzünden, dann zu verschwinden und A. dem Feuer zu überlassen, bis er um 8.37 Uhr den Notruf wählte?

Der Verteidiger nennt Nebenklägerin „Teufelin“

Aus Sicht von A.s Verteidiger Peter Konzuch reicht das. In seinem Plädoyer bezeichnet er S. als „Teufelin“, die „mit ­allen Wassern gewaschen“ sei und „völlig verantwortungslos“ handele. Die Zeugen für ihr Alibi bezeichnet er als unglaubwürdig, da sie ebenfalls im Drogenmilieu verkehrten und zumindest einer zum Tatzeitpunkt geschlafen habe. Sie habe genug Zeit gehabt, ohne ihr Handy zur Wohnung von A. zu fahren, die Tat zu begehen und wieder zurückzufahren, bevor ihr Handy an diesem Morgen gegen 9.15 Uhr für mehrere Telefonate genutzt wurde.

Dass sein Mandant das Tatgeschehen im Nachhinein nicht in jedem Detail korrekt beschreiben könne, sei angesichts einer derartig bedrohlichen und unübersichtlichen Situation nicht ungewöhnlich – insbesondere „nach dem Einsatz von irgend­einem Mittel, das seine Wahrnehmung beeinträchtigt“ habe. S. könne A. durchaus auch mit einem Deospray angegriffen haben, selbst wenn A. behaupte, es sei ein Pfefferspray gewesen. Die Attacke sei die „einzige Chance, wie Frau S. ihren Traum verwirklichen konnte“: mit ihrem Kind zusammenzuleben. Die Vorwürfe gegen A. seien „verzweifelte Versuche der Staatsanwaltschaft, das falsche Abbiegen zu rechtfertigen“.

Sein Mandant habe auch kein Motiv, sagt Konzuch: Er sei ein junger Mann, der vorbildlich für seine Tochter gesorgt habe, gerade dadurch sei die Chance groß ge­wesen, dass mindestens seine Duldung ­immer wieder verlängert worden wäre, das hätten auch die Mitarbeiterinnen der Ausländerbehörde bestätigt. Konzuch beantragt an diesem Tag Freispruch. Chokri A.s letztes Wort gibt sein Übersetzer wieder: „Wie mein Verteidiger bereits gesagt hat: Ich bin unschuldig, und ich habe diese Tat nicht begangen.“ Als er den Saal wieder in Handschellen verlässt, fasst eine Zuschauerin ihm an den Arm: „Alles Gute.“

Belastungseifer macht ihn verdächtig

Dornbach, die Anwältin von S., sagt der F.A.Z. später: Dafür, dass so vieles in A.s Aussage nicht zusammengepasst habe, sei sie sehr detailliert gewesen. „Weil er sich falsch erinnert? Oder nicht vielleicht, weil sie ausgedacht ist?“ A. mache sein Belastungseifer in Hinblick auf S. so verdächtig. Wenn er es nicht gewesen sei, warum schweige er dann nicht, sondern belaste sie, obwohl sie nachweislich nicht da gewesen sei? A. habe mitbekommen, dass S. auf Wohnungssuche gewesen sei. Aus ihrer Sicht habe er Angst bekommen, dass sich die Situation von S. bessern und die Tochter zu ihr ziehen könnte – zudem habe S. einen neuen Freund gehabt. „Ich könnte mir auch vorstellen, dass es ihm um Besitzansprüche ging.“ Eine Mitarbeiterin vom Jugendamt habe von seinem „schlechten Frauenbild“ berichtet.

Im Plädoyer sagt Dornbach: „Für das Kind wollten beide, das muss man sagen, nur das Beste.“ Später bekräftigt sie: Nancy S. sei es trotz ihrer Drogenabhängigkeit immer darum gegangen, dass ihr Kind gut versorgt gewesen sei. Es sei eigentlich nicht in ihrem Interesse, A. in Haft zu ­sehen. Auch das entlaste sie. Durch die mutmaßliche Tat von A. hätten alle ver­loren: er, sie, die kleine Tochter. Am Montag soll das Urteil verkündet werden.



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