2024-12-01 22:27:00
Der Hunger ist nicht gestillt. Eine Woche nach dem Triumph in der Fahrermeisterschaft der Formel 1 steht Max Verstappen mal wieder ganz vorne, hat soeben den Großen Preis von Qatar gewonnen. Diesmal vor Charles Leclerc im Ferrari und Oscar Piastri auf McLaren. „Das habe ich wirklich nicht gedacht“, sagt Verstappen, „wer unsere Zeiten am Freitag im Training gesehen hat, da waren wir weit weg. Im Sprint auch. Und jetzt ganz vorne. Unglaublich. Ich bin so stolz auf mein Team.“
Da lachte der Niederländer. Der 63. Grand-Prix-Sieg seiner Karriere zählt zu den kuriosesten und zugleich zeugt er von der Kapazität des Piloten, auch dann doch wieder ganz vorne aufzutauchen, wenn er sich kurz zuvor noch im Abseits sah, als Beifahrer.
Wie man die Führung im Rennen gewinnt, wenn die Pole-Position aberkannt worden ist? Verstappen antwortete einsilbig, aber bestimmt ein paar Minuten vor dem Start: „In der ersten Kurve etwas später bremsen.“ Gesagt getan. Der neue und alte Weltmeister schoss eine Woche nach dem Gewinn des vierten Titels auf der „schmutzigeren“ Seite an George Russell im Mercedes vorbei in Führung.
Red Bulls radiklaer Umbau
Eine Genugtuung nach der Rückversetzung um ein Plätzchen am Samstag, weil er im Qualifikationstraining den Briten aufgehalten haben soll, obwohl beide nicht mit Vollgas unterwegs waren. Aber selbst Rang zwei zeugte von einer wundersamen Beschleunigung: nur Achter im Sprint-Rennen, und sowieso eher langsamer unterwegs im Training. Red Bull fand nur mit einem radikalen Umbau der Boliden-Abstimmung zurück in die Spur. Dem Champion reichte es, auch nach dem kleinen Chaos in der ersten Runde hinter ihm, seinen Führungsanspruch auf der Strecke zu erfüllen.
Verstappen schaut ohnehin ungern zurück, wenn es andere betrifft. Franco Colapinto (Williams) und Estban Ocon im Alpine mussten ihre Rennwagen abstellen, nachdem Nico Hülkenberg sie im Haas auf kalten Reifen, in der ersten Kurve geradeaus rutschend, in Rotation versetzt hatte. Das entsandte Safety-Car bot Russell (Vierter des Rennens) die Gelegenheit, seinen Verlust wieder umzuwandeln.
Nächster Mercedes-Coup fällt aus
Allerdings hatte er in der Startphase nicht nur die Führung, sondern auch Rang zwei an Lando Norris im McLaren (Zehnter) verloren. Sieben Tage nach dem Doppelerfolg von Mercedes mit dem Sieg des Briten vor dem Rekordweltmeister und Teamkollegen Lewis Hamilton (Zwölfter wegen zweier Zeitstrafen) blieb der nächste Coup aus.
Der einstige Seriensieger findet die Balance nicht. Ein Phänomen, dass Mercedes nun wenigstens zwei Jahre begleitet. Aber inzwischen mehr oder weniger alle Topteams erfasst hat, sieht man von McLarens geringeren Schwankungen, teils auch von den Piloten ausgelöst, auf höchstem Niveau ab. Ein Spannungsfaktor im Finale der Saison mit dem 23. Grand Prix und dem letzten am kommenden Sonntag in Abu Dhabi (14.00 Uhr im F.A.Z.-Liveticker zur Formel 1 und bei Sky). Man weiß nicht mehr so genau, wer vorne fahren wird.
McLaren galt als Favorit für die Wüsten-Tour vor Doha. Norris spielte mit der Konkurrenz im Sprint, leistete sich eine Verschleppung des Tempos am Samstag an der Spitze, um dem Teamkollegen Piastri das Flachstellen eines Heckflügelelementes in der DRS-Zone zu erlauben. So konnte der Australier als Zweiter Russell in der Angriffszone auf Abstand (eine Sekunde) halten, ehe ihm Norris noch den Sieg überließ – für geleistete Hilfs-Dienste im WM-Kampf. Solche Spielchen mit Geschmäckle erlauben sich nur Dominante. Ein paar Stunden später sauste Verstappen im Startplatzrennen allen davon. Norris wirkte so verblüfft wie Verstappen.
Da sich inzwischen selbst der Seriensieger Red Bull überrascht, winkt der Formel 1 eine interessante Zukunft, zumindest ein spannender Kampf um die Hackordnung 2025. Die Konstanz an der Spitze im Frühjahr ist einem Wechselspiel mit überraschendem Ausgang gewichen. Was auf den Druck der Konkurrenz schließen lässt, Red Bull jedenfalls aus der Komfortzone trieb, ans Limit.
Auch Verstappen ließ sich gelegentlich an und über die Grenze des Erlaubten treiben, leistete sich Fehler. Ein klassischer Beleg für eine nervende Verdichtung auch in der Spitzenklasse. Am Sonntag ließ sich das der Risikobereitschaft der Rennställe erkennen. Zwei „Plattfüße“, einer am Auto Hamiltons – auf Rang acht zu diesem Zeitpunkt – und einer am Ferrari von Carlos Sainz (Sechster) nach 34 von 57 Runden sahen nach Reifenschäden aus.
Übertrieben trotz der früh ausgesprochenen Warnung? Oder führten Trümmerteile zum Luftverlust? Die Streckenleitung schickte das Safety-Car wieder auf die Piste, weil parallel scharfkantige Einzelteile des Frontflügels eines Williams die Strecke übersäten. „Na ja, wir haben schon ein bisschen gegambelt damit“, sagte Red Bulls Sportdirektor Helmut Marko, „wir sahen dann, dass andere Probleme bekommen haben, dann sind wir reingekommen, um Reifenschäden zu verhindern.“
„Wissen, dass Lewis nicht happy ist“
Als die Luft raus schien, begann das Rennen von neuem: um den Sieg und den so begehrten wie lukrativen Konstrukteurstitel in den letzten 18 Runden. Ein harter Verdrängungskampf. Verstappen ließ sich von Norris nicht von der Piste drängen, Piastri versuchte seinen an Leclerc im Ferrari verlorenen dritten Rang mit aller Härte, mit einem Duell Rad an Rad zurück zu erobern.
Hülkenberg schoss ins Abseits und kehrte nicht zurück. Es hagelte Strafen. Mercedes musste drei hinnehmen. Russell hielt einmal den Abstand hinter dem Safety-Car nicht ein, Hamilton wurde wegen eines Frühstarts und der Überschreitung des Tempolimits in der Boxengasse gebremst. „Wir haben zu viele Fehler gemacht. Wir wissen, dass Lewis nicht happy ist (mit dem Auto/d. Red.)“, sagte Mercedes’ Teamchef Toto Wolff dem TV-Sender Sky: „Das Auto zeigt dieses grauselige Untersteuern, auch George musste das hinnehmen, das war ein schlechtes Wochenende.“
Mit einer für Mercedes typischen Schwankung: „Das Auto hatte nicht die Pace vom Sprint. Wir haben ein mechanisches Problem schon das ganze Jahr“, fügte Wolff hinzu: „Wenn die Strecke wenig Grip bietet, wenn es kalt ist, dann ist das Auto wunderbar balanciert und die anderen haben das Problem.“
Während Hamilton zwischenzeitlich am Ende des Feldes frustriert kreiste, bedrängte Carlos Sainz (Ferrari) Pierre Gasly (Alpine), um im Kampf gegen McLaren voranzukommen, vergeblich. Aber Norris half. Weil er während einer Gelb-Phase sein Tempo nicht reduziert hatte, zitierten ihn die Streckenkommissare zur Box, damit er dort die Strafe, zehn Sekunden stillhalten, absitze.
Der Rückfall auf letztlich Rang zehn nahm dem Grand Prix dann doch noch einen spannenden Endspurt, der Formel 1 aber nicht den Showdown zwischen Ferrari und McLaren am nächsten Sonntag in Abu Dhabi um den Titel des besten Rennwagenkonstrukteurs. Der Vorsprung von McLaren ist auf 21 Punkte geschrumpft. „Wir haben heute“, sagte Teamchef Andrea Stella, „eine Chance verpasst.“
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