2024-12-20 18:19:00
Joachim Stamp macht einfach weiter. Obwohl die Partei, deren Mitglied er ist, nicht mehr Teil der Bundesregierung ist – und es die Bundesregierung, in deren Auftrag der FDP-Politiker unterwegs ist, so nicht mehr gibt. Aber Stamp fliegt weiter durch die Welt und versucht unermüdlich, mit möglichst vielen Ländern Migrationsabkommen zu schließen.
So soll die Zahl der Asylanträge in Deutschland gedrückt, der Zugang für ausländische Fachkräfte auf dem deutschen Arbeitsmarkt im Gegenzug erleichtert werden. Das war auch schon vor dem Bruch der Ampelkoalition ein schwieriges Unterfangen. Nun, wo ungewiss ist, wie es politisch in Deutschland weitergeht, ist das noch einmal herausfordernder geworden.
Die vergangenen Tage hat Stamp in Kolumbien verbracht. Das Land in Südamerika taucht trotz der großen Entfernung auf Platz neun der deutschen Asylstatistik auf. Die Anerkennungsquote für Kolumbianer liegt aber nur bei 0,4 Prozent. 2018 gab es laut dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge lediglich 133 Antragsteller aus Kolumbien. In diesem Jahr waren es bislang schon mehr als 3500. Knapp 10.000 ausreisepflichtige Kolumbianer leben derzeit in Deutschland. „Wir laden junge Kolumbianerinnen und Kolumbianer gerne in den deutschen Arbeitsmarkt ein. Dabei ist der Weg über das Asylrecht völlig falsch“, sagt Stamp der F.A.Z.
Schnellere Abschiebungen, nachdrückliche Integration
Kann ein FDP-Politiker dieser Tage noch so reden, wo Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) dem FDP-Chef doch kürzlich die sittliche Reife absprach, mitzuregieren? Stamp findet: Ja. Er sei ein Beschäftigter des Bundesinnenministeriums, insofern sei das kein Problem. Richtig ist, dass Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) Stamp im Februar 2023 zum Sonderbevollmächtigten der Bundesregierung für Migrationsabkommen machte und er in dieser Funktion nicht in erster Linie als FDP-Politiker unterwegs ist.
Schnellere Abschiebungen und nachdrückliche Integration sind für Stamp zwei Seiten einer Medaille. So hielt er es schon in seiner Zeit als Minister in Nordrhein-Westfalen, als er zuständig war für Kinder, Familie, Integration und Flüchtlinge. In seinem neuen Amt reist er um die Welt und versucht, in langwierigen, mitunter mühsamen Gesprächen Vereinbarungen mit Staaten zu treffen, die immer demselben Schema folgen: Rücknahme der eigenen Staatsbürger, die kein Recht auf Asyl in Deutschland haben – dafür ermöglicht Deutschland den legalen Zugang zum Arbeitsmarkt. Vor allem die Zusammenarbeit mit Georgien und Moldau betrachtet Stamp als Erfolg. Die Zahl der Asylantragsteller aus beiden Ländern ist deutlich zurückgegangen, seitdem es Vereinbarungen gibt.
Bis solche Abkommen zustande kommen, ist viel Vorarbeit notwendig, darauf weist Stamp immer wieder hin. Das steht im Widerspruch zu den markigen Aussagen des Kanzlers, der Abschiebungen im großen Stil forderte. Das konnte Stamp nie liefern. Gleichzeitig dient ihm die Langwierigkeit als Argument, dass sein Amt langfristig angelegt sein müsste. Und er trotz des Ampel-Bruchs einfach weitermacht.
Stamp: Der Austausch hängt nicht davon ab, wer regiert
Im Februar dieses Jahres gab es erste Sondierungsgespräche mit der kolumbianischen Seite. Im September wurde dann eine Absichtserklärung in Berlin unterzeichnet. Jetzt reiste Stamp nach Südamerika, um diese Erklärung mit Leben zu füllen. In Bogotá versuchte er, seinen Gesprächspartnern und auch in einigen Interviews zu erklären, dass es künftig einen regelmäßigen strukturierten Austausch geben soll – unabhängig davon, wie die nächste Bundesregierung aussehen wird.
Im Februar, dem Monat der Bundestagswahl, soll die gemeinsame Steuerungsgruppe in Berlin zusammenkommen. Etwas ausführlich Schriftliches gibt es zwischen Deutschland und Kolumbien nicht. Das ist nicht ungewöhnlich bei Stamps Arbeit. In den Partnerländern sind solche Abkommen politisch oft heikler als in Deutschland. Während des Verhandlungsprozesses kann Stamp meist nicht offen reden, zu schnell könnten die Länder abspringen. Erst wenn alles vereinbart ist, geht Stamp an die Öffentlichkeit.
Er will dabei immer die Botschaft platzieren, dass es um ein Geben und Nehmen geht: „Wir haben in sehr freundschaftlicher und vertrauensvoller Atmosphäre die gegenseitigen Interessen unserer Länder miteinander besprochen“, sagt er etwa über die Zusammenarbeit mit Kolumbien. Abkommen gibt es neben denen mit Georgien und Moldau noch mit Indien, Kenia und Usbekistan. Mit Marokko gibt es seit Januar dieses Jahres eine Migrationspartnerschaft; mit weiteren Ländern ist die Bundesregierung im Gespräch.
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