2024-12-22 22:39:00
Die letzten Sekunden der Partie sahen nach einer echten Qual für den Trainer aus. Nuri Sahin brüllte im Sekundentakt auf Schiedsrichter Dr. Matthias Jöllenbeck ein. Als der erste, lang ersehnte Auswärtssieg in der Bundesligasaison 2024/25 endlich geschafft war, ballte der Cheftrainer von Borussia Dortmund die Faust, ließ sich beglückwünschen und ärgerte sich. „Wir waren zu fahrlässig“, gestand Sahin.
Mit dem 3:1-Sieg beim VfL Wolfsburg hat der BVB ein für ihn extrem kompliziertes Fußballjahr beendet – und Wochen voller Mängel beschönigt. Donyell Malen, Maximilian Beier und Julian Brandt konnten mit ihren Toren in den ersten 30 Minuten den Grundstein für einen hart erkämpften Erfolg legen. Die Dortmunder spielten zunächst so virtuos und angriffslustig, dass sich die Frage aufdrängte, warum sie zwei Monate zuvor – mit einer identischen Startaufstellung – noch mit 0:1 in Wolfsburg verloren hatten und aus dem DFB-Pokal ausgeschieden waren. Die Antwort lautet: Weil sie ihre Aufgabe dieses Mal mit Ernst und Einsatzfreude angenommen haben. Zumindest eine Halbzeit lang.
Borussia Dortmund trat an diesem Sonntagabend, begleitet von rund 4000 euphorisch feiernden Fans, zunächst wie eine Spitzenmannschaft mit einer riesigen Portion Nachholbedarf auf. Nach einer enttäuschenden Hinrunde erspielte sich der Favoriten endlich einmal auch auswärts Torchancen in Serie. Der Trainer und sein ambitioniertes Team konnten eine erstaunliche Lernkurve unter Beweis stellen. Denn einen auf gegnerische Fehler und schnellen Konterfußball bedachten VfL Wolfsburg bespielt man am besten mit eigenem Engagement und viel Druck.
Erst als sich die Dortmunder zu Beginn der zweiten Halbzeit einen weiteren Schlendrian erlaubten, kam der VfL Wolfsburg zu seinem Ehrentreffer durch Denis Vavro und brachte den ersten Auswärtssieg der Borussia in dieser Saison doch noch einmal in Gefahr. „Ich kann mir selbst nicht erklären, woran es liegt“, sagte Dortmunds Torschütze Maximilian Beier zu dem am Ende wieder einmal wankelmütigen Auftritt seines Teams.
Brandt an allen drei Toren beteiligt
Der Unterschied zwischen Pokalpleite und Auswärtstriumph ließ sich nicht nur an der veränderten Spielstrategie, sondern auch an einem bestens aufgelegten Spielgestalter festmachen. Julian Brandt, zwischen 2011 und 2014 beim VfL Wolfsburg zum Berufsfußballer ausgebildet, war an allen drei Dortmunder Treffern beteiligt. Seine Pässe in die Tiefe offenbarten den feinen Unterschied zwischen zwei in der Tabelle benachbarten Vereinen.
Was der VfL Wolfsburg mit Physis und Biss erledigen will, schafft Borussia Dortmund an richtig guten Tagen mit Eleganz und Spielwitz. Angesichts der Spielfreude von Brandt und Co. war es folgerichtig, dass die Dortmunder innerhalb von sechs Minuten zu drei Toren kamen. Wolfsburgs Torhüter Kamil Grabara zuckte ratlos mit den Schultern, nachdem die Dortmunder vor 28 917 Zuschauern ihre clever herausgespielten Tore erzielt hatten.
Die Zweifel daran, ob Borussia Dortmund unter der Anleitung von Sahin das Zeug zu einer nationalen und internationalen Spitzenmannschaft hat, bekamen am 15. Spieltag trotz des Auswärtssieges neue Nahrung. Mit der Einwechselung von Lukas Nmecha in der 46. Minute war es mit der Harmlosigkeit des VfL Wolfsburg und der Dominanz der Dortmunder vorbei.
Der mutige Angreifer ergänzte Jonas Wind in der Wolfsburger Offensive und sorgte für große Verunsicherung beim Gegner. Dass der Dortmunder Pascal Groß in der 62. Minute nach einem Foul an Nmecha die Rote Karte sah, machte den bis dahin eintönigen Fußball-Advent doch noch einmal spannend. Sahin erledigte an der Seitenlinie seine Hausaufgaben und nahm aus taktischen Gründen einen folgerichtigen Wechsel vor. Der bis dahin starke Malen musste mit Waldemar Anton einem Verteidiger weichen, der den strafversetzten Groß ersetzte.
In Unterzahl änderte Borussia Dortmund seine Herangehensweise und beschränkte sich nach Minuten der Passivität und Verwirrung selbst auf das Kontern. Diese Veränderung war keine gewählte Strategie, sondern eine erzwungene Reaktion. „Dass wir es können, haben wir gezeigt. Aber wir machen uns das selbst schwer“, bemängelte Dortmunds Sportdirektor Sebastian Kehl.
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