2025-01-19 04:18:00
Als sich am Samstagnachmittag Tausende Demonstranten durch Washingtons Innenstadt schieben, sind es ähnliche Szenen wie vor acht Jahren – und doch mit einer anderen Dynamik. Im Januar 2017 übertraf der Erfolg des „Women’s March“ am Tag nach Donald Trumps Amtseinführung alle Erwartungen. Allein in der Hauptstadt versammelten sich damals etwa eine halbe Million Menschen. Hinterher war von einem der größten Proteste in der amerikanischen Geschichte die Rede. Daran musste sich der „People’s March“ in diesem Jahr messen lassen.
Die Organisatoren hatten in den Tagen vor dem Protest jedoch schon vorgebaut: Man könne solche Veranstaltungen nicht nur dann planen, wenn man sich sicher sei, vorangegangene zu übertrumpfen. Die Demonstration war für 50.000 Teilnehmer angemeldet; die Polizei schätzt am Nachmittag, es seien etwa 25.000 Personen gewesen.
Einige tragen auch diesmal die rosafarbenen und pinken „Pussy-Mützen“, die vor acht Jahren zum Symbol im Kampf gegen Trumps Sexismus wurden. „Ich habe gehofft, dass ich sie nicht noch einmal brauche“, sagt eine junge Frau aus Ohio, die sich nach kurzem Zögern als Kim vorstellt. Sie ist mit einer Freundin für den Protest angereist, auf ihrem Schild steht: „Wenn du nicht wütend bist, dann hast du nicht aufgepasst.“
Protestbewegung 2017 zerschlug sich
Kim ist es wichtig, dass Trumps Verhalten „nicht normal“ wird. 2017 war die Studentin noch zu jung, um in Washington mitzumarschieren. Aber sie weiß, dass es damals viel mehr Demonstranten waren. Auch in ihrem Umfeld kapitulierten dieser Tage viele anstatt zu kämpfen. Eine der ersten offiziellen Rednerinnen des Tages sagt: „Bevor wir etwas für die Demokratie tun, müssen wir unsere eigene Verzweiflung bekämpfen.“
Die linke Protestbewegung von 2017 zerschlug sich später in viele kleinere Projekte. Mit Schuld daran waren Diskussionen über die Schwerpunkte der Arbeit, die angemessene Repräsentation von Minderheiten und Vorwürfe des Antisemitismus. In diesem Jahr wird der „People’s March“ ausdrücklich von verschiedenen Gruppen organisiert. Es geht nicht mehr allein um die Opposition zu Trump, sondern auch um grundsätzliche politische Fragen. Plakate der Demonstranten thematisieren am Samstag unter anderem den Gaza-Krieg, den Klimawandel, den Zugang zu Abtreibungen, die Repräsentation von Minderheiten und die Rechte der LGBTQI-Gemeinschaft.
„Sich zu vernetzen, ist das Gegengift“
Tiffany Flowers ist eine der Mitorganisatorinnen des Marschs und Direktorin von „The Frontline“, einer Organisation für Demokratieförderung. Sie sagt, dieser Tage sei Gemeinschaft das wichtigste. „Wir müssen die Leute wissen lassen, dass wir für sie da sind.“ Viele fühlten eine große Unsicherheit und Angst. Flowers Organisation ruft dazu auf, sich gesellschaftlich zu engagieren, als Wahlhelfer etwa, für Arbeitsrechte – oder auf Demonstrationen.
„Natürlich geht es dabei um Politik“, sagt Flowers, aber wichtig seien immer die persönlichen Verbindungen. Sich zu vernetzen sei das „Gegengift“ gegen Ausgrenzung und Spaltung. Auf der Bühne bemüht sie sich am Samstag um eine positive Botschaft: Man dürfe nicht aufgeben, ruft sie am Ende in die Menge vor dem Lincoln Memorial.
Für Flowers, die bis vor einigen Jahren Aktivistin für Arbeiterrechte im Süden der Vereinigten Staaten war, ist der Protest auch persönlich. Ihr Großvater war ein Anführer in der Bürgerrechtsbewegung der fünfziger und sechziger Jahre. Sie sagt: „Ich bin stolz auf diese Arbeit.“ Flowers zögerte nicht, als sie als Mitorganisatorin angefragt wurde. Vor acht Jahren war sie als Teilnehmerin beim „Women’s March“ mitgelaufen.
Dass diesmal sehr viel weniger Demonstranten teilnehmen, will sie nicht als Niederlage sehen. Es sei „absurd“, das Amerika von damals mit dem Amerika von heute zu vergleichen. Flowers sagt: „Alles hat sich verändert – auch, wie die Themen unserer Zeit die Menschen gespalten haben, selbst auf der Linken.“ Der „Wahnsinn“ Trumps habe den Zweck, die Leute mürbe und hoffnungslos zu machen. „Aber wir müssen bereit sein zu kämpfen, wir müssen hinschauen.“
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