2024-11-13 10:57:00
Der Chef der Federal Reserve, Jerome Powell, kann einsilbig sein. Würde er seinen Posten räumen, wenn der gewählte Präsident Donald Trump ihn auffordern würde, lautete die Frage in der jüngsten Pressekonferenz. „Nein“, lautete Powells Antwort. Nachfrage: „Glauben Sie nicht, dass Sie rechtlich verpflichtet wären zu gehen?“ „Nein“, antwortete der Chef der Federal Reserve.
Die schmallippigen Antworten haben im Umfeld von Trump Ärger provoziert und alten Fed-Feinden Auftrieb gegeben. Mike Lee, Senator aus Utah mit libertären Neigungen, schimpfte auf X, dass gemäß der Verfassung jeder Zweig der Regierung dem Präsidenten unterstellt sei. „Die Federal Reserve ist eines von vielen Beispielen, die zeigen, wie wir uns von der Verfassung abwenden.“ Er schloss seinen Beitrag mit Hashtag #EndTheFed. Elon Musk, Trumps wichtigster Verbündeter im Wahlkampf und zugleich milliardenschwerer Chef von Tesla und SpaceX, signalisierte seine Sympathie für den Beitrag des Senators mit dem „100“-Emoji, der in der Twitterwelt für komplette Zustimmung steht. Weil Musk 200 Millionen Follower auf seiner Plattform X hat und zudem viele Nutzer den Eindruck teilen, dass Musk-Beiträgen in diesen Tagen kaum auszuweichen ist, bekam der Beitrag des Senators Flügel.
Musk unterstützt eine Kampagne aus dem Umfeld von Trump, die das Ziel hat, dem Präsidenten Einfluss auf geldpolitische Entscheidungen zu geben und damit die Unabhängigkeit der Zentralbank einzuschränken. Scott Bessent, ein Investmentmanager, harscher Fed-Kritiker und wichtiger Berater von Trump, regte an, Trump solle einen Nachfolger für Powell ernennen und diesen „Schatten“-Fedchef die Geldpolitik Powells unterminieren lassen. Später sagte Bessent in einem Interview, die Idee nicht weiter verfolgen zu wollen.
Trump drohte mit Entlassung
Eine Reihe von Trump-Beratern arbeitete schon länger an einem Plan zur Entmachtung der Fed. Wie das „Wall Street Journal“ im April berichtete, sah der Plan vor, dass die Fed bei ihren Entscheidungen den Präsidenten konsultieren muss, dass der Präsident das Recht hat, den Fed-Chef abzulösen, und dass das Finanzministerium die Fed schärfer reguliert. Im August bestätigte Trump, dass der Plan seinen Vorstellungen entspricht. Er findet, dass er als Präsident in die Entscheidungen der Fed einbezogen sein sollte, und er beansprucht das von vielen Juristen bezweifelte Recht, den Fed-Chef zurück ins Glied zu schicken, um einen Kandidaten seiner Wahl zu befördern.
Im Economic Club of Chicago sagte Trump im Oktober über Powell: „Ich drohte ihm mit der Entlassung.“ Es habe sich die Frage gestellt, ob man das könne oder nicht. Diese Aussage spiegelt seine Erfahrung aus der ersten Amtszeit wider. Damals attackierte er wiederholt die Geldpolitik der Federal Reserve. Die verbalen Angriffe gipfelten damals in der auf Twitter platzierten rhetorischen Frage, ob Powell oder der chinesische Diktator Xi der größere Feind Amerikas sei. Nachdem seine Berater ihm gesagt hatten, dass er den Fed-Chef nicht entlassen könne, sagte Trump zu Powell während eines Telefongesprächs: „Ich schätze, ich muss mit dir leben.“ Nach einem Bericht des „Wall Street Journal“ könnte Trump beeindruckt haben, dass Powell sich nicht nur weigerte, den Platz zu räumen, sondern über den damaligen Finanzminister Steven Mnuchin ausrichten ließ, dass er sich mit allen juristischen Mitteln gegen eine Demontage wehren werde.
Weil Powell anders seine kommunikativ eher ungelenke Vorgängerin Janet Yellen oft den Austausch mit Politikern beider Parteien suchte, kann er überdies auf Rückhalt auch unter Republikanern hoffen. Das kann noch nützlich werden, weil der nächste Konflikt am fernen Horizont aufzieht. Die großen wirtschaftspolitischen Ideen von Trump haben eines gemeinsam: Sie wirken nach Einschätzung von Ökonomen inflationär. Das gilt für den Plan, Millionen Immigranten aus dem Land zu werfen. Das erhöht den Druck auf Löhne und damit auf Preise. Das gilt umso mehr, wenn die Wirtschaft gleichzeitig durch die geplanten Steuersenkungen und Deregulierungen weiter stimuliert wird. Auch vom Vorhaben, Zölle für jegliche Importe zu erheben oder stark zu erhöhen, geht Druck auf die Preise aus.
Einmischung nicht nur juristisch schwierig
Die Pläne haben gute Chancen, verwirklicht zu werden, weil die Republikaner nach ihrem Sieg im Senat auch gute Aussichten auf die Mehrheit im Repräsentantenhaus haben. Je nach Konjunkturentwicklung könnte sich die Zentralbank veranlasst sehen, mit höheren Leitzinsen gegenzusteuern. Das würde nicht nur die Konjunktur dämpfen, sondern den Schuldendienst der Regierung erhöhen, die schon ohne Trumps fiskalisch expansive Pläne mit einem Schuldenberg von 34 Billionen Dollar umgehen muss.
Eine Einmischung in die Geldpolitik ist aber nicht nur juristisch schwierig. Der Kurs ist gefährlich, da eine wichtige ökonomische Erkenntnis weitgehend bestätigt ist: Unabhängige Zentralbanken bekämpfen Inflation effektiver als politisch beeinflusste. Untersuchungen, etwa von Thomas Drechsel, Ökonom an der Universität von Maryland, zeigen, dass politischer Druck, wie der von Präsident Richard Nixon auf die Fed in den Siebzigerjahren, die Inflation deutlich steigert und langfristig erhöht. Drechsel quantifizierte, dass selbst geringer Druck auf die Fed zu einer dauerhaften Preiserhöhung von bis zu 8 Prozent führen kann. Politische Interventionen haben laut Drechsel das Wachstum nicht gefördert, sondern teilweise negative Effekte verursacht.
So ist Trump auf reguläre Personalpolitik zurückgeworfen: Eine Chance, einen Trump-Loyalisten im siebenköpfigen Zentralbankrat der Fed zu platzieren, ergibt sich erst 2026. Dann endet der Vertrag der Notenbankgouverneurin Adriana Kugler. Im Mai desselben Jahres läuft auch Powells Vertrag als Chef der Fed aus, nicht aber als normales Mitglied des Zentralbankrats. Dann könnte Trump theoretisch seinen Gefolgsmann an die Spitze der Zentralbank hieven.
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