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Amérique du Sud : contrer le démantèlement des droits

by Nouvelles

2024-08-12 00:12:02

Wilson Castañeda lors d’une réunion du CIDH, 2014.
Photo : Daniel Cima via Flickr
CC BY 2.0

(Buenos Aires, 29 juillet 2024, Agence actuelle).- Wilson Castañeda est politologue à l’Université nationale de Colombie et directeur du Société caribéenne positive pour les droits LGBTI. En tant que membre de la Commission pour les pourparlers de paix entre le gouvernement colombien et les Forces armées révolutionnaires de Colombie, les Forces armées révolutionnaires de Colombie ont été officiellement fondées en 1964, mais leurs origines remontent aux années 1920. L’une des raisons les plus importantes de sa création était la revendication d’une répartition équitable des terres, dont une grande partie se retrouvait entre les mains des Colombiens les plus riches. Cela a souvent conduit à des expulsions forcées, ce qui a considérablement intensifié le conflit au fil du temps. Les FARC sont une guérilla marxiste-léniniste et ont pris part à des affrontements brutaux entre les partis libéraux et conservateurs colombiens depuis leur création. Dans les années 1980, les guérilleros ont multiplié leurs ressources grâce aux revenus du trafic de drogue, des enlèvements, des meurtres et des massacres de la population civile colombienne. En 2016, les FARC et le gouvernement colombien ont signé un accord de paix destiné à mettre fin à la violence dans le pays.

” href=” données-gt-translate-attributes=”[{” attribute=”” tabindex=”0″ role=”link”>FARC-EP hat er am Dialog zwischen Staatsterrorismus und dem bewaffneten Widerstand teilgenommen. In dem Friedensprozess, der seit 2016 läuft, ist es für Castañeda „sehr wichtig, uns selbst auf dem Hintergrund diktatorischer Entwicklungen wahrzunehmen und zu überlegen, wie eine umfassende Wiedergutmachung aussehen kann, die ein würdiges Leben für LGBT-Personen garantiert“.

Was die argentinische Diktatur und der kolumbianische bewaffnete Konflikt gemeinsam haben, ist, dass sie „marginalisierten Gruppen wie LGBTIQ+-Personen das Leben schwermachen“, meint Wilson Castañeda. Sowohl die Diktatur in Argentinien als auch der bewaffnete Konflikt in Kolumbien haben LGBTIQ+-Personen unterdrückt. In beiden Situationen führte die moralische Ablehnung schließlich zu „sozialen Sanktionen gegen sexuelle und geschlechtliche Vielfalt“, so Castañeda.

Im März 2024 wurden in Argentinien  Angriffe auf Transfrauen und Transvestis während der letzten Militärdiktaturen (spanisch: dictaduras militares) haben im späten 20. Jahrhundert fast alle lateinamerikanischen Länder erlebt. Meist mit einem Putsch beginnend, kamen kleine Eliten aus dem Spektrum des Militärs an die Macht. Sie agierten skrupellos und mit ultrarechter, konservativer, rassistischer und fast immer auch christlicher Gesinnung. Ihr Handeln rechtfertigten die Juntas mit der vermeidlichen Existenz von “inneren Feinden” die die “nationale Sicherheit” des Landes bedrohten. Das bedeutete Repression gegen alle Andersdenkenden, staatliche Kontrolle und eine sogenannte “Nationale Neuorganisation” durch außergesetzliche, exzessive Gewalt (Guerra Sucia und Desaparecidos).

” href=” data-gt-translate-attributes=”[{” attribute=”” tabindex=”0″ role=”link”>Militärdiktatur (1976-1983) zum ersten Mal als Verbrechen gegen die Menschheit anerkannt. In der Begründung des historischen Urteils des Bundesgerichts Nr. 1 von La Plata vertrat die Justiz immerhin in acht Fällen die Auffassung, dass  „in einer eindeutig patriarchalisch-westlichen Kultur Staatsterrorismus als Garant eines hegemonialen Geschlechtermodells“ zum Tragen kam. Transidentitäten und Trasvestis seien als „subversiv“ für das „westlich- christliche“ Modell betrachtet und deswegen besonders verfolgt und verletzt worden.

Während seines Besuchs in Argentinien sprach Agencia Presentes mit Castañeda über die Parallelen zwischen den beiden historischen Momenten, über den globalen Vormarsch der Ultrarechten und darüber, wie Wiedergutmachung einer Wiederholung vorbeugen kann.

– Wie haben die argentinische Diktatur und der bewaffnete Konflikt in Kolumbien das Leben von LGBTIQ+ Menschen verschlechtert?

– Demokratien sind dazu da, Rechte zu garantieren. Eine Diktatur und ein bewaffneter Konflikt brechen die Demokratie, das heißt, sie schränken die Rechte ein, und beide haben auch eine moralische Komponente. Die trifft vor allem die marginalisierten Bevölkerungsgruppen. Vergleicht man die Situation von LGBTIQ+-Personen in Argentinien und Kolumbien, zeigt sich die Verschlechterung der Lebensqualität an drei Faktoren: Erstens ist da die Zunahme der Gewalt: Mord, Femizide, Transvestizide, Drohungen, Zwangsvertreibung, Folter, sexuelle Gewalt. Sie soll das Leben von LGBTIQ+-Personen in die Unsichtbarkeit drängen, es kontrollieren oder eliminieren. Zweitens werden hierarchische Ketten für den Zugang zu Ressourcen geschaffen, die keinen Platz für LGBTIQ+ Menschen lassen: Armut, Obdachlosigkeit, fehlende Möglichkeiten zur Teilnahme an der Politik und an der Verteilung von Gütern und Dienstleistungen führen dazu, dass diese Gruppen an den Rand und in die Armut gedrängt werden. Und drittens gefährden Diktaturen und bewaffnete Konflikte das menschenwürdige Leben von LGBTIQ+ Menschen, indem sie Räume der Partizipation schließen. Die Diktatur in ihrer letzten Phase und der Konflikt in seinem Niedergang ‑ die soziale Sanktionierung ist bereits umgesetzt – befassen sich nun nicht mehr mit der Eliminierung von Menschen, sondern wenden sich der Zerstörung ihrer Sichtbarkeit zu. Räume der Teilhabe werden geschlossen, und es beginnt die soziale und politische Kontrolle der Körper. Daher besteht nach einem bewaffneten Konflikt oder einer Diktatur die größte Herausforderung für den Wiederaufbau der Demokratie  darin, Bevölkerungsgruppen sichtbar zu machen, die historisch unsichtbar gemacht wurden.

– Wie wird in Kolumbien der Prozess der Wiedergutmachung für die Opfer des bewaffneten Konflikts angegangen?

Unser Friedensprojekt und unser Gesetz für die Opferentschädigung betrachten vier Aspekte als Grundwerte der Übergangsjustiz: Wahrheit, Gerechtigkeit, Wiedergutmachung und die Garantie der Nichtwiederholung, wobei wir davon ausgehen, dass diese Aspekte ineinander spielen. Was die Wiedergutmachung anbelangt, so fordern wir sowohl individuelle als auch kollektive, finanzielle und symbolische Wiedergutmachung. Individuelle Wiedergutmachung, weil jedes Leben neu wiederhergestellt werden muss. Kollektive Wiedergutmachung, weil der bewaffnete Konflikt gemeinschaftliche Prozesse unterbrochen hat, die wiederaufgenommen werden müssen. Monetäre Wiedergutmachung, weil Menschen durch die Unterdrückung verarmt sind, nun brauchen sie Ressourcen und den Zugang zu Dienstleistungen, die ihre Lebensqualität verbessern. Symbolische Wiedergutmachung, weil der bewaffnete Konflikt den Menschen in moralischer und politischer Hinsicht ein homophob, transphob, frauenfeindlich, Das Patriarchat (span. Patriarcado) ist eine Gesellschaftsordnung oder eine Herrschaftsstruktur, in der Normen und Regeln von und für Männer bestimmt und erhalten werden. Das Patriarchat beinhaltet die historisch verankerte Bevorteilung von Männern gegenüber Frauen in allen Bereichen des Lebens (Bildung, Eigentum, Freizeit etc.). “Mann” und “Frau” wird dabei stets eine bestimmte Rolle in der Gesellschaft zugewiesen, die für Frauen vor allem bedeutet, Ehefrau und Mutter zu sein, während es als normal angesehen wird, dass Männer sich um die finanzielle Absicherung der Familie kümmern. Die patriarchalische Kultur ist mit zahlreichen Vorurteilen verbunden, z.B. dass Frauen das schwächere oder einfühlsamere Geschlecht seien – weshalb ihnen bestimmte Tätigkeiten zugeschrieben und andere verwehrt werden. Gegen die Wirkungsweisen des Patriarchats stellen sich feministische, queere und antipatriarchalische Bewegungen, die seit langem besonders stark in Ländern Lateinamerikas aktiv sind. Häufig wird dort das Patriarchat auch als “Mitbringsel” der Christianisierung und des Kolonialismus kritisiert und die enge Verknüpfung von Patriarchat mit dem kapitalistischen Wirtschaftssystem hervorgehoben.

” href=” data-gt-translate-attributes=”[{” attribute=”” tabindex=”0″ role=”link”>patriarchal und sexistisch geprägtes Leben aufgezwungen hat.

Die größte Herausforderung der Wiedergutmachung in Kolumbien besteht jedoch darin, Möglichkeiten einer transformativen Wiedergutmachung zu finden. Im Bericht der Wahrheitskommission ist nachzulesen, dass der bewaffnete Konflikt das Leben von LGBTIQ+ Menschen erschwert hat. Nun geht es darum, strukturelle Änderungen vorzunehmen. Dazu müssen die gesellschaftlichen Mechanismen vor dem bewaffneten Konflikt untersucht und an der Wurzel gepackt werden, damit sie sich nicht wiederholen. Sonst würden wir vielleicht ein (span. Tratado de paz) In der zweiten Hälfte des 20sten Jahrhunderts litten viele Länder Lateinamerikas unter Militärdikaturen, der politischen Einflussnahme der USA, gewaltsamen Umstürzen und in der Folge unter bewaffneten Konflikten. In Guatemala, El Salvador und Kolumbien kämpften Guerillas gegen die Unterdrückung durch offen rechte Militärdiktaturen oder auf dem Papier demokratische oligarchische Regime. In Nicaragua finanzierten die USA einen Contra-Krieg gegen die sandinistische Revolution. Ab Ende der 1980er Jahre bemühten sich die UNO und die Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) verstärkt um die Lösung dieser Konflikte in Zentralamerika. 1987 wurde in der guatemaltekischen Stadt Esquipulas unter fünf zentralamerikanischen Präsidenten ein regionaler Friedensplan beschlossen und in der Folge in Nicaragua (1990), El Salvador (1992) und Guatemala (1996) Friedensabkommen geschlossen. 1987 wurde in der guatemaltekischen Stadt Esquipulas unter fünf zentralamerikanischen Präsidenten ein regionaler Friedensplan beschlossen und in der Folge in Nicaragua (1990), El Salvador (1992) und Guatemala (1996) Friedensabkommen geschlossen. Danach wurden dort Versöhnungskommissionen eingesetzt um die Verbrechen beider Seiten aufzuarbeiten. In Guatemala und El Salvador wurde der Konflikt auch strafrechtlich aufgearbeitet, in Nicaragua hingegen setzten nach 1990 die verschiedenen Regierungen eher auf eine “Politik des Vergessens”. In Kolumbien wurde nach vielen Rückschlägen erst 2016 in der Präsidentschaft von Juan Manuel Santos ein Abkommen zwischen dem Staat und den FARC unterzeichnet. Während in Zentralamerika immerhin eine Demilitarisierung der Guerillagruppen und die Verkleinerung der nationalen Streitkräfte erreicht werden konnte, wurden wichtige Aspekte der Friedensabkommen nicht oder nur unzureichend umgesetzt. Vor allem wurden die Konfliktursachen, v.a. die extreme Ungleichheit, nicht beseitigt. Stattdessen beförderten die Friedensabkommen neoliberale, extraktive und ausbeuterische Entwicklungsmodelle und in der Folge Migration und Flucht aus Zentralamerika. In Kolumbien legten die FARC zwar die Waffen nieder, die Regierung von Santos Nachfolger Ivan Duque aber arbeitet gegen das Friedensabkommen und soziale Aktivist:innen werden bedroht und ermordet.

” href=” data-gt-translate-attributes=”[{” attribute=”” tabindex=”0″ role=”link”>Friedensabkommen unterzeichnen, den Konflikt überwinden und dafür sorgen, dass die Wiedereingliederung der bewaffneten Einheiten in ein ziviles Leben stattfinden, und die Angriffe auf LGBT-Personen würden trotzdem weitergehen.

– Wie siehst du den globalen Vormarsch der rechtsextremen Politik und seine Auswirkungen auf Lateinamerika?

In den letzten Jahren hat sich gezeigt, dass die Rechten und der Richtung der Volkswirtschaftslehre, die die Verbindung von wirtschaftlicher und politischer Freiheit betont. Verfechter des Neoliberalismus haben die Überzeugung, der freie Markt regele die Produktion von Gütern und die Nutzung von Ressourcen ganz allein und weitestgehend ohne die Einmischung des Staates. Von neoliberalen Politiker*innen angestoßene Strukturanpassungsprgramme (SAP) beinhalten fast immer mehr Privatisierung und Deregulierung, Steuersenkung für Reiche, Senkung von Staatsausgaben (außer für das Militär), Senkung des Mindestlohnes, Anheben der Studiengebühren etc. Häufig verstärken sich dadurch wirtschaftliche und politische Probleme von krisengebeutelten Ländern letztlich noch mehr. Die Mittelschicht löst sich in Armut auf, während reiche und mächtige Eliten bevorteilt werden.

” href=” data-gt-translate-attributes=”[{” attribute=”” tabindex=”0″ role=”link”>Neoliberalismus den Staat auf sein Minimum reduzieren und geltende Rechte abbauen wollen. Heute ist weltweit bekannt, dass Konzerne und Kapital die Demokratie kontrollieren. Die Sozialagenda will den Expansionsplänen einen Riegel vorschieben. Lateinamerika dient dem globalen Rechtsabbau als Experimentierfeld, keine Frage. Der Sozialstaat soll auf ein Minimum reduziert werden, um freie Bahn zu schaffen für das private Unternehmertum.

– Wie betrachtest du die Verbindung zwischen diesem reaktionären Vorstoß und der Förderung einer Agenda, die den Rechtsabbau befürwortet?

Es wird natürlich einiges dafür getan, dass dieser Abbau von Rechten von der Bevölkerung mitgetragen wird. Die Menschen sollen glauben, dass die Förderung unserer Rechte an der wirtschaftlichen und materiellen Krise schuld ist. Dafür gibt es Hassreden. Die Propagierung des Rechtsabbaus hat sich zur politischen Agenda entwickelt. Der Diskurs gilt heute als eine Art des Regierens, was früher nicht der Fall war. Zwar gab es erzkonservative Regierungen, aber dass der Abbau von Rechten zur Regierungsstrategie erhoben wird, ist eine neue Entwicklung, die über die einzelnen Länder hinausgeht. Wir haben es mit regionalen Strategiegruppen zu tun, deren Leute in Argentinien, Brasilien, Kolumbien, in Mexiko vertreten sind. Sie bekommen eine Menge Geld aus dem Norden, und sie agieren als Block. Was heute in Argentinien geschieht, wird von ihren Leuten in anderen Ländern unterstützt, und dort sitzen auch die Strippenzieher, auch was die Medien betrifft. Lateinamerika ist als Region ideal, um die Demontage der sozialen Gerechtigkeit und Rechtsstaatlichkeit zu praktizieren, denn wir haben gemeinsame kulturelle und religiöse Praktiken, die uns verbinden. Im Fall der LGBTs heißt es zum Beispiel, hier müssten unbedingt Rechte abgebaut werden, weil wir die Familie zerstören würde, und die Familie ist ein ja Wert, der uns verbindet.

– Wie können LGBTs vorgehen, um ihre staatsbürgerlichen Rechte zu schützen?

Ich denke, wir müssen langlebige politische Strukturen aufbauen, die über das hinausgehen, was staatliche Regierungen hier leisten. Die LGBT-Bewegung in Argentinien ist da tagtäglich dran. Wir müssen verteidigen, was wir uns erkämpft haben, und dafür brauchen wir mehr Verbündete. Es tut uns überhaupt nicht gut, wenn wir ausschließlich innerhalb unserer Strukturen agieren. Laut dem UN-Entwicklungsprogramm ist Kolumbien eins der Länder mit der besten gesetzlichen Absicherung von LGBTIQ+-Rechten. Aber Kolumbien ist es auch eins der gewalttätigsten Länder, und das ist frustrierend. Wir brauchen eine Verantwortungs-Kultur, die sich für die Umsetzung von Rechtsvorschriften einsetzt. In Kolumbien haben wir uns immer darum bemüht, auf diejenigen einzuwirken, die die Vorschriften erlassen. Aber diejenigen, die die Regeln letztendlich umsetzen sollen, die Leute auf der Straße, in den Läden, in der Schule, den Sicherheitsdienst, den Straßenpolizist – die haben wir aus dem Blick verloren.

Und dann denke ich, dass wir in der Sprache kreativer sein müssen. Manchmal sind wir sehr langweilig, sehr rational; wir müssen uns überlegen, wie wir an die Menschen herankommen. Die Rechtsabbau-Fraktion hat uns da einiges voraus, sie sind wirklich kreativ, wenn es darum geht, an die Gefühle der Menschen zu appellieren. Außerdem wird alles, was wir haben, immer wieder als Privileg betrachtet, und das muss aufhören. Wir haben Rechte, und Rechte werden nicht in Frage gestellt. Und: Wir müssen aufpassen, dass wir unseren Optimismus und unsere Freude nicht verlieren. Immerhin leisten wir Widerstand gegen Regierungen, die wirklich zum Fürchten sind.

Übersetzung: Lui Lüdicke

 

CC BY-SA 4.0Dem Rechtsabbau etwas entgegensetzen von Nachrichtenpool Lateinamerika ist lizenziert unter Creative Commons Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 international.



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