Biden est le bon perdant

2024-08-20 10:11:34

Ashley Biden hatte gerade noch gescherzt, bei ihrer Hochzeit im Weißen Haus sei es übrigens so gewesen, dass sie ihren Vater habe trösten müssen. Wenige Minuten später trat in Chicago ein zu Tränen gerührter Joe Biden auf die Bühne, umarmte seine Tochter und tupfte sich mit einem Taschentuch die Augen trocken. Die Familie sei der Anfang, die Mitte und das Ende, das habe schon sein Vater gesagt, rief Biden nach Minuten des tobenden Applauses in die Menge. Doch es dürften nicht nur die vorangegangenen Reden seiner Ehefrau Jill und seiner Tochter Ashley gewesen sein, die Biden in diesem Moment emotional werden ließen.

Noch vor vier Wochen sah es so aus, als spräche der Einundachtzigjährige am Donnerstag auf dem Parteitag der Demokraten – als offiziell nominierter Präsidentschaftskandidat, traditionell zum krönenden Ende. Stattdessen kam es Biden nach seinem Rückzug aus dem Wahlkampf nun zu, die Veranstaltung am Montag zu eröffnen und den Staffelstab damit offiziell an seine Vizepräsidentin Kamala Harris weiterzugeben. Laut amerikanischen Medien verbrachte der Präsident das Wochenende mit engen Vertrauten in Camp David, um die Rede zu überarbeiten, die anders hätte lauten sollen. Doch wie hält man eine Abschiedsrede, die noch keine sein darf? Und wie wirbt man für seine potentielle Nachfolgerin, ohne sich selbst zu schwächen?

„Wir lieben Joe“

Biden entschied sich für die klassische Variante, ein „Best Of“ aus früheren Wahlkampfreden, gepaart mit der unmissverständlichen Unterstützung für Harris und ihren „running mate“ Tim Walz. Ja, wenn er „wir“ sage, dann meine er Kamala und sich, rief Biden in die Menge, als er über gesetzgeberische Erfolge in den vergangenen Jahren sprach. „Seid ihr bereit, die Freiheit zu wählen? Seid ihr bereit, die Demokratie zu wählen? Seid ihr bereit, die Vereinigten Staaten zu wählen?“ – dann gebe es ja nur die Entscheidung für Harris und Walz. Die Menge in Chicago tobte. Immer wieder hatten Redner Biden über den Abend verteilt dafür gelobt, Harris zu seiner Vizepräsidentin gemacht und sie schließlich auch unterstützt zu haben – es hieß es gar, es sei eine seiner besten Entscheidungen gewesen.

Bis Biden bei solchen Worten keinen Stich mehr verspürt, dürfte es nach einem Leben in der Politik noch dauern. Doch aus seinem Umfeld heißt es, der Präsident habe seinen Frieden mit der Entscheidung gemacht. Auch wenn er immer noch davon überzeugt sei, dass er Trump im November hätte schlagen können. Drei Tage vor dem Auftritt in Chicago rief er Reportern auf die Frage zu, was seine Botschaft für die Demokraten sei: „Gewinnt!“ Es bleibt der bittere Beigeschmack, dass es am Ende die immer lauter geäußerten Zweifel aus seiner eigenen Partei waren, die Biden nach der katastrophalen Fernsehdebatte vor zwei Monaten zum Rückzug zwangen.

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Viele derjenigen, die Biden in Chicago zujubelten und „Wir lieben Joe“-Schilder hochhielten, dürften sich vor vier Wochen noch für seinen Rückzug aus dem Wahlkampf ausgesprochen haben. Doch der alte Groll schien an diesem Abend vergessen. Das Publikum sprang dem Präsidenten sogar bei, wenn es so aussah, als könne er einen Satz nicht zu Ende bringen. Einmal hakte es bei Biden trotz Teleprompter, da kam sofort Jubel auf und die Besucher wedelten mit ihrem Schildern. Ist schon okay, Joe, sollte das heißen. Jetzt wo du dich ohnehin zum Rückzug entschieden hast. Man ist sich in der Partei einig, dass Bidens politisches Vermächtnis ausgiebiger Würdigung bedarf. Genauso einig ist man sich aber auch darin, dass der Rückzug richtig und überfällig war.

Bidens Groll

Ironischerweise ist es ausgerechnet Donald Trump, der Bidens Ausscheiden als Kandidat am lautesten beklagt. Kürzlich äußerte er, Biden sei Opfer eines „Coups“ geworden, man habe ihn um die Präsidentschaft gebracht. Für Trump ist es schwierig, eine Kampagne, die beinahe ausschließlich aus Angriffen auf Biden als Gegner bestand, so kurz vor der Wahl neu aufzulegen. Der Präsident wiederum warnte am Montagabend gleich zu Beginn eindringlich vor der Gefahr durch Trump. Man könne sein Land nicht nur dann lieben, wenn man gewinne – ein altbekannter Satz, der auf Trumps Behauptungen vom Wahlbetrug und den Sturm auf das Kapitol am 6. Januar 2021 anspielt.

Auf den Stufen im Treppenhaus des „United Center“, des Veranstaltungsortes in Chicago, steht in dieser Woche ein Satz, den Biden in seiner Rede vor nunmehr vier Wochen sagte: „Die Geschichte liegt in euren Händen.“ Will heißen: Ich habe getan, was ich konnte, jetzt seid ihr dran. Und vielleicht auch: Ihr wolltet es ja so. Öffentlich gibt es angesichts des Wechsels keine Missstimmung innerhalb der Demokraten. Doch Biden soll es Vertrauten wie der früheren Sprecherin des Repräsentantenhauses Nancy Pelosi und auch dem ehemaligen Präsidenten Barack Obama noch immer übel nehmen, dass sie ihn nach dem Fernsehduell gegen Trump öffentlich anzählten.

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Pelosi, die auch auf dem Parteitag sprechen sollte, legte am Montag sogar noch einmal nach. Wenn sie jemanden verärgert habe, tue es ihr leid, sagte sie auf die Frage eines Journalisten. „Ich wollte nur die Wahl gewinnen.“ Biden wiederum gab am Montagabend auf die Frage eines Journalisten nach Pelosi zurück, er habe nicht mit ihr gesprochen und allein er habe die Entscheidung für seinen Rückzug getroffen. „Niemand wusste, dass es so kommen würde.“

Ob Harris die Wahl am 5. November für sich entscheidet, wird unweigerlich auch das politische Vermächtnis Bidens prägen. Nachdem sie jahrelang als ungeliebte Vizepräsidentin in dessen Schatten stand, werden die Demokraten nun nicht müde, ihre Dienste für die Biden-Harris-Regierung hervorzuheben. Der Parteitag in Chicago kam am Montag erst in Schwung, als sie zu einer kleinen Überraschungsrede auf die Bühne trat und zu einer Lobeshymne auf Biden ansetzte. Unter dem tosenden Jubel der Zuschauer dankte Harris dem Präsidenten für seine historische Führung und sein lebenslanges politisches Engagement. Sie werde Biden „für immer dankbar“ sein. Der wiederum scherzte später, „wie viele der besten amerikanischen Präsidenten“ sei auch Harris Vizepräsidentin gewesen.

Für Biden ist die Zeit des Abschieds noch nicht gekommen, das hat er seit seinem Rückzug vor vier Wochen immer wieder gesagt. Das könnte er sich als Oberbefehlshaber der Vereinigten Staaten bis Januar auch kaum erlauben. Der Kalender des Präsidenten ist jedoch weniger voll als in den vergangenen Monaten, und Biden vermeidet den Eindruck, Harris die Schau  stehlen zu wollen. Am Montagabend klang an, was Bidens größter Coup in den letzten Monaten seiner Amtszeit werden könnte: Wenn nach dem Gefangenenaustausch mit Russland nun auch noch ein Waffenstillstandsabkommen in Gaza zustande käme.

Was die Waffenstillstandsvereinbarungen betrifft, gab es für Biden kurz vor seiner Ansprache jedoch gute Nachrichten. Israel habe den jüngsten von Washington unterstützten Vorschlag über eine Waffenruhe in Gaza akzeptiert, äußerte Außenminister Antony Blinken während seiner Reise in den Nahen Osten. Nun sei es an der Hamas, dem Vorschlag zuzustimmen; das immerhin ist ein Lichtblick.

Für Biden dürfte die Rede in Chicago einer seiner letzten Auftritte vor einem großen nationalen Publikum gewesen sein, der letzte Parteitag nach mehr als fünfzig Jahren. 1972 wurde Biden mit nicht einmal dreißig Jahren zum Senator von Delaware gewählt. In Chicago sprach er als ältester Präsident der amerikanischen Geschichte zu seiner Partei. Und das war auch der einzige Punkt, an dem am Montagabend eine gewisse Bitterkeit anklang. Biden wich vom vorgesehenen Text ab, als er in den letzten Zügen seiner Rede sagte, damals habe man ihn für zu jung gehalten, um Senator zu sein, „und heute bin ich zu alt, um Präsident zu sein“. Doch Biden wiederholte auch den Satz, er liebe seinen Job – noch mehr jedoch sein Land. Seine Frau Jill hatte zuvor gesagt, Biden habe vor einigen Wochen tief in seine Seele geschaut und sich dann für den Rückzug entschieden. Man sei im Leben Teil einer Sache, die größer sei als man selbst.

Doch auch wenn Biden am Montagabend verhältnismäßig energisch und kraftvoll auftrat, verwundert es nicht, dass niemand seine Entscheidung infragestellt. Wenn Harris und der 22 Jahre ältere Biden auf der Bühne nebeneinanderstehen, dann sind das Welten. Harris wird am Donnerstagabend als offiziell nominierte Präsidentschaftskandidatin zu ihren Anhängern sprechen. Biden wird dann schon in Kalifornien sein, zum Urlaub.



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