Ce n’est pas la faute du couteau

2024-08-25 18:55:28

Hört das denn nie auf? Bestätigt sich, was Innenminister Herbert Reul am Sonntag bekannt gab, ist der Solinger Mordanschlag ein weiterer Fall für den Stoßseufzer der Republik: Es darf nicht wahr sein. Ein abgelehnter Asylbewerber, der das Land längst hätte verlassen müssen, sticht kaltblütig zu. Da sich diese Fälle häufen, ist irgendwann einmal der Zeitpunkt erreicht, an dem nicht mehr von Einzelfällen, von bedauerlichen Begleiterscheinungen der Flüchtlingspolitik gesprochen werden kann. Der Zeitpunkt ist gekommen.

Der Zeitpunkt war eigentlich schon gekommen, als die AfD das Thema für sich entdeckt hatte. Nach den ersten Fällen redeten ihre Scharfmacher von „Messermännern“, die ins Land geflutet seien. Das war maßlos übertrieben. Aber was ist nun? Es gibt fast täglich Messerattacken von Männern, und die Solinger Tat ist nur die mutmaßlich terroristische Spitze eines Eisbergs.

Wieder einmal hinkt die Politik einer Entwicklung hinterher, weil sie nicht mit Populismus verwechselt werden wollte und deshalb ausblendete, was ihr den Vorwurf hätte eintragen können, Ressentiments zu bedienen. Diese Art, aus moralischer Überheblichkeit und mangelnder Zivilcourage unangenehme Wahrheiten unter den Teppich zu kehren, hat sich seit drei Jahrzehnten als Muster der deutschen Ausländerpolitik etabliert.

Morden lässt sich auch mit anderen Werkzeugen

Wenn nicht alles täuscht, ist es nicht das Messer, das die Hand dieser Männer und auch des Attentäters von Solingen führte. Über Waffenverbotszonen oder ein komplettes Verbot von Messern im öffentlichen Raum lässt sich trefflich streiten, und vielleicht ergibt sich daraus ein Fünkchen Hoffnung für mehr Sicherheit. Doch weder lassen sich solche Verbote immer und überall kontrollieren, also auch nicht durchsetzen, noch dringt die Politik damit zum Kern des Problems vor. Wenn es nicht Messer sind, dann sind es andere Werkzeuge, mit denen sich morden lässt. Die Messerdebatte ist eine Ersatzhandlung, die aus der Haltung folgt, man könne doch eigentlich gar nichts tun.

Diese Hilflosigkeit begleitet nicht nur jede Tat, die Entsetzen hervorruft. Da ist von der ganzen Härte des Gesetzes die Rede, vom Rechtsstaat, der entschlossen reagieren werde, vom Staat, der mit aller Konsequenz vorgehe. Man kann diese Reden im Schlaf nachbeten.

Die Hilflosigkeit äußert sich vor allem darin, dass von einer anderen Politik selbst dann noch nicht die Rede ist, wenn aus Einzelfällen längst eine Serie geworden ist. Auch jetzt wird das wohl wieder bestritten werden, und es wird nicht an Parteien, Verbänden und Professoren fehlen, die auf die Tausenden von Fällen geglückter Integration hinweisen.

Der weiche, anspruchslose Staat

Es ist seit Jahren nur leider so, dass die Fälle nicht geglückter, gescheiterter oder auch aussichtsloser Integrationsbemühungen – auch die gehen in die Tausende und enden dann in Mannheim oder Solingen – das Vertrauen zerstören, der Staat sei wirklich handlungsfähig, das Gesetz kenne wirklich so etwas wie Härte und der Rechtsstaat schütze wirklich mit aller Konsequenz die Opfer dieses Scheiterns.

Die Ampelkoalition hat noch einmal vorgemacht, wie Politik in die Gegenrichtung unterwegs sein kann: strenge Integrationsforderungen hält sie für Anmaßung; der weiche, anspruchslose Staat, der nicht fordert, sondern bittet, ist ihr Idealbild; blind ist sie für kulturelle Fremdheit.

Es ist deswegen zu erwarten, dass auch „Solingen“ viele Tränen verursachen, aber nichts grundlegend ändern wird. Solange Flüchtlingspolitik nicht rechtsstaatlich, sondern gesinnungsethisch betrieben wird, solange wird es ein Asylrecht geben, das eben nicht das Gesetz hochhält, sondern die Selbstgerechtigkeit. Abschiebungen nach Afghanistan oder Syrien wird es deshalb, selbst wenn es sich um notorische Unruhestifter oder Mehrfachtäter handelt, nicht so schnell geben.

Flüchtlingsorganisationen und Medien, die keinen Unterschied mehr machen zwischen Flüchtlingen und Migranten, werden das jeweils gut begründen können. Ratlos stehen sie aber da, wenn ihre Sicht der Dinge den Vertrauensverlust so sehr befördert, dass eine ungeahnte Radikalisierung um sich greift.

Der Gipfel der Abgehobenheit ist es dann, wenn nicht etwa die jahrzehntelang praktizierte Politik für gescheitert erklärt wird, sondern die Unmündigkeit „abgehängter“ Bürger gegeißelt wird. Die Landtagswahlen am kommenden Wochenende lassen grüßen.

Dem linken Axiom, dass man eigentlich nichts tun könne, wenn wieder einmal ein Solingen zu beklagen ist, weil Willkommenskultur über alles geht, muss entgegengehalten werden, dass nationale Gesetze sehr wohl geändert, dass abgelehnte Asylbewerber sehr wohl strenger behandelt, dass Einreisen sehr wohl strenger kontrolliert werden können, dass Einreisen aus bestimmten Staaten generell beschränkt oder ganz unterbunden werden könnten und dass Integration sehr wohl konsequenter betrieben werden könnte. Wenn man nur wollte. Wer das nicht will, sollte zur AfD, zum BSW und sollte auch zu den Morden von Solingen schweigen.



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