2024-06-28 17:02:05
Mwafak A., der 18 Jahre alte Syrer, der in der Nacht zum Sonntag vergangener Woche im Kurpark von Bad Oeynhausen den zwei Jahre älteren Philippos T. totgeprügelt haben soll, macht bisher von seinem Recht auf Aussageverweigerung Gebrauch. Nur eine Sache gab er zu Protokoll: Er will zur fraglichen Zeit nicht im Kurpark gewesen sein. Doch die Ermittler sind sich sicher, auf der richtigen Spur zu sein. „Besonders helfen uns die Angaben von Augenzeugen“, sagte Staatsanwalt Christoph Mackel am Freitag der F.A.Z.
Rund um den Tatort waren auch zu vorgerückter Stunde noch viele Personen unterwegs. Zum einen fand in der Kurstadt ein „Stadtfete“ genanntes Fest statt. Zum anderen feierte der Abiturjahrgang von Philippos Schwester im nahen Kaiserpalais seinen Abschlussball. „Es gab mehrere Personen, die das Geschehen gut beobachten konnten und den Beschuldigten unseres Erachtens ziemlich sicher als Täter identifiziert haben“, sagte Mackel.
Auch von Augenzeugen zahlreich zur Verfügung gestellte Fotos und Videos halfen den Ermittlern dabei, den mutmaßlichen Täter ausfindig zu machen. Ein wichtiges Beweismittel ist – zumindest indirekt – das Mobiltelefon von A. „Das Gerät befand sich zur Tatzeit in der entsprechenden Funkzelle“, so Mackel.
Fokus auf Aufklärung des Tathergangs
Nach bisherigen Erkenntnissen kam Mwafak A. 2016 im Rahmen einer Familienzusammenführung nach Deutschland. Zunächst lebte er im baden-württembergischen Pforzheim, erst im vergangenen Jahr soll er nach Ostwestfalen gezogen sein.
Der Achtzehnjährige war der Polizei zwar bereits durch Gewalt-, Eigentums- und Rauschgiftdelikte aufgefallen. Doch die Ermittlungen führten bisher nicht zu einer Verurteilung. „Das sind vorläufige Angaben“, betonte Mackel. „Wir haben noch nicht alle Akten ausgewertet, weil wir uns derzeit überwiegend auf die Aufklärung des Tathergangs konzentrieren.“
Was war der Anlass?
Anders als zunächst von Polizei und Staatsanwaltschaft berichtet, wurden T. und sein Begleiter nicht von einer Gruppe attackiert, vielmehr soll die Gewalt gegen T. ausschließlich von Mwafak A. ausgegangen sein. Zeugen berichten, der Syrer habe T. „plötzlich und frontal“ angegriffen und zu Boden gebracht. Mehrfach habe A. dann gegen den Kopf seines wehrlosen Opfers geschlagen und getreten. Am Dienstag starb Philippos T. an seinen schweren Hirnverletzungen.
Gegen die – nach derzeitigem Ermittlungsstand – mindestens drei Begleiter des Syrers wird aktuell nicht ermittelt. Die drei deutschen Staatsbürger im Alter von 18 Jahren haben Angaben als Zeugen gemacht. Rätselhaft bleibe bisher, was den plötzlichen brutalen Gewaltausbruch auslöste, sagte Mackel. „Wir haben bisher keine Erkenntnisse über einen vorangegangenen Streit. Was der Anlass war oder ob es überhaupt ein Motiv gab, wissen wir noch nicht.“
„Wichtig, dass Demokraten den Diskurs bestimmen“
In Bad Oeynhausen herrsche Wut, Trauer und Entsetzen über die Brutalität, sagte Bürgermeister Lars Bökenkröger im Gespräch mit der F.A.Z. „Wir sind eine beschauliche Kurstadt. Wandschmierereien, das war es bisher weitgehend an Jugendkriminalität.“
Schockiert habe ihn, wie hemmungslos Rechtsextreme den Fall ohne jedes Wissen über die Hintergründe für ihre Propaganda instrumentalisiert und so für eine aggressive Stimmung gesorgt hätten. „Nun haben wir mehr Informationen, deshalb ist es wichtig, dass wir Demokraten den Diskurs bestimmen und eine offene, ehrliche Debatte führen.“ Bund und Land muteten den Kommunen in der Migrationspolitik schon seit Jahren zu viel zu, so der CDU-Politiker.
Zuletzt seien wieder viele Flüchtlinge aus dem Irak, Afghanistan und Syrien gekommen. Die Kommunen müssten immer weitere Flüchtlingsunterkünfte, Kita- und Schulplätze schaffen und für Integration sorgen. „Vom Land bekomme ich vielleicht ein oder zwei Schulsozialarbeiter, ich bräuchte aber für jede Schule einen.“ Ändere sich das nicht, werde man bald über ganz andere Dimensionen von Jugendgewalt reden müssen.
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