2025-01-23 22:55:00
Während zum Jahresauftakt die meisten Banken, Vermögensverwalter und Versicherer ihre Marktprognosen für 2025 kundtun, ist Mabrouk Chetouane, Chefstratege bei Natixis Investment Managers , mit Vorhersagen eher zurückhaltend. Was es gerade vielmehr brauche als die Glaskugel, seien Maßnahmen, dass die deutsche Wirtschaft wieder anspringe, sagt er im Gespräch mit der F.A.Z. Dafür hat er konkrete Vorstellungen: „Wir brauchen mehr Protektionismus. Und die EZB muss liefern.“ Der Staat müsse wichtige Industrien wie den Automobilsektor schützen. Deutschland könne nicht darauf verzichten.
Die Lage sei sehr besorgniserregend. In Kombination mit drastischen Zinssenkungen der EZB, so findet er, könnten die Unternehmen dann aber endlich wieder einen Anreiz bekommen, zu investieren – und die Wirtschaft wieder anspringen. „Europa hinkt hinsichtlich der privaten Investitionen von Unternehmen den USA um zehn Jahre hinterher. Wir müssen wieder investieren.“
„Es gibt gute und schlechte Defizite“
Chetouane, der seit 2022 bei dem Vermögensverwalter arbeitet, der zur zweitgrößten französischen Bankengruppe BPCE gehört, die Natixis gerade mit dem Vermögensverwalter von Generali zusammenlegen will, ist Anhänger des Keynesianismus. In der von John Maynard Keynes begründeten Wirtschaftstheorie greift der Staat antizyklisch in die Marktwirtschaft ein und sollte laut Chetouane während der derzeit in Deutschland anhaltenden Rezession die Ausgaben erhöhen, um die Nachfrage anzukurbeln. Ein steigendes Staatsdefizit in der Folge hält der Fachmann indes für vertretbar. „Es gibt gute und schlechte Defizite, und das wäre ein gutes.“ Der Staat könne das verkraften. Oder, wie Keynes es schon gesagt haben soll: „Wachstum in der Zukunft basiert darauf, wie man jetzt investiert.“
Chetouane glaubt, dass die extreme Krise, in der die deutsche Wirtschaft stecke, solche Maßnahmen rechtfertige. Denn Deutschland und Europa hätten drei Schocks zu verdauen: die seit dem Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine gestiegenen Energiepreise, die hohen Zinsen und den Nachfrageeinbruch in China – das alles fast zeitgleich: „Der Albtraum der deutschen Wirtschaft“, so Chetouane. China mache seit 2021 die Immobilienmarktkrise zu schaffen, die Häuserpreise würden weiterhin sinken, was die Nachfrage dort stark belaste. Das zeigt sich schon in den Exportstatistiken. Während die deutschen Exporte nach China von 2015 bis 2020 nominal um gut ein Drittel gestiegen waren und fast acht Prozent der gesamten Ausfuhren ausmachen, sank ihr Anteil Mitte 2024 auf sechs Prozent.
Der lachende Dritte seien die USA, der neue Präsident Donald Trump leicht zu lesen und – anders als Deutschland und Europa – protektionistisch unterwegs. „Die USA schaffen es viel besser, ihre Wirtschaft zu schützen“, sagt der Natixis-Manager. Die von Trump geplanten Zölle gegen China zum Beispiel würden nicht zu einer höheren Inflation führen, glaubt Chetouane. „Das ist nichts, womit die Wirtschaft nicht umgehen kann.“
Zu guter Letzt gibt es von ihm dann doch eine Investitionsempfehlung, die nach seiner Bestandsaufnahme des wirtschaftlichen Szenarios kaum verwundert: Bei Aktien würde der Franzose eher Richtung USA denn nach Europa schauen. Auch wenn viele Titel dort deutlich teurer seien, findet Chetouane: „Man zahlt eben für Qualität und Transparenz.“ Eine niedrige Bewertung könne auch eine Falle sein.
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