Christophe Colomb était-il juif de Valence ?

2024-10-13 19:45:00

Der Sender RTVE kündigte am spanischen Nationalfeiertag an, „die Weltgeschichte neu zu schreiben“. Endlich wisse man, woher der Mann wirklich komme, der Amerika entdeckte, lautete das Versprechen der reißerischen Dokumentation im Stil von true crime. Nach fast zwei Stunden dauernden Kriminalermittlungen mit spannungsgeladener Musik wurde „Kolumbus’ DNA und seine wahre Herkunft“ entschlüsselt. Das Ergebnis: Der Entdecker war kein Katholik aus Genua, wie bisher angenommen wurde. Nach 22 Jahre Forschungsarbeit unter der Leitung des Forensikers José Antonio Lorente „kann man nun behaupten, dass Christoph Kolumbus Jude war“.

Der Professor aus Granada engt die Herkunft des Seefahrers auf das westliche Mittelmeer ein. Ein katalanischer Forscher geht in dem Film sogar noch einen Schritt weiter. Er vermutet, dass Kolumbus aus einer Familie jüdischer Seidenweber in Valencia stammt und als Konvertit sein Leben lang seine jüdischen Wurzeln verschleierte. Aus Genua seien die Juden schon im 12. Jahrhundert vertreiben worden. Bisher dominierte in der Geschichtsschreibung die Ansicht, dass er der Sohn christlicher Tuchmacher aus der italienischen Hafenstadt ist. Kolumbus hatte in seinem Testament Genua als seinen Geburtsort genannt, wo heute noch ein Gebäude steht, in dem er zur Welt gekommen ist.

Knochenmaterial seins Sohnes half

Seit Jahrhunderten dauert der Streit darüber an, ob der große Entdecker wirklich Italiener war, der im Auftrag der katholischen Spanier 1492 die Neue Welt entdeckte. Portugal, zahlreiche spanische Regionen, aber auch Schweden, Norwegen, Frankreich, England, Schottland, Ungarn, Irland und Kroatien beanspruchten ihn für sich. Bis nach der Jahrtausendwende war nicht einmal klar, wo er begraben liegt. Sowohl Sevilla als auch Santo Domingo in der Dominikanischen Republik behaupteten, seine letzte Ruhestätte zu beherbergen.

Vor 21 Jahren wurde der Sarkophag in der Kathedrale von Sevilla geöffnet. Dort fand man jedoch nur einen kleinen Haufen schlecht erhaltener Knochenfragmenten, mit wenig aussagekräftiger DNA. Am Ende half das Knochenmaterial seines Sohnes, der an seiner Seite bestattet ist. Dessen DNA erbrachte laut der Dokumentation zwei Nachweise: Dass gut zehn Prozent der sterblichen Überreste des Amerika-Entdeckers in der andalusischen Stadt ruhen und dass es Hinweise auf seine jüdische Herkunft gibt. Er war 1506 im spanischen Valladolid gestorben, zunächst in Sevilla beigesetzt, bevor seine Gebeine, seinem Wunsch entsprechend, nach Santo Domingo gebracht wurden. Nach einer Odyssee über Kuba kehrte zumindest ein Teil davon gegen Ende des 19. Jahrhunderts wieder nach Sevilla zurück. In der Dominikanischen Republik hatten die Forscher keinen Zugang zu seinem Mausoleum.

„Merkmale, die mit jüdischer Herkunft kompatibel sind“

Für den Forensiker Lorente war das Genmaterial des Sohnes entscheidend. „Sowohl im Y-Chromosom als auch in der mitochondrialen DNA von Hernando gibt es Merkmale, die mit jüdischer Herkunft kompatibel sind“, formuliert er dann doch eher vorsichtig, nachdem er und sein Team sich auf acht Herkunfts-Hypothesen konzentriert hatten. Ähnlich wie in Serien wie „Masterchef“ oder „Deutschland sucht den Superstar“ lud er ihre Vertreter einzeln vor, um ihnen sein desillusionierendes Urteil zu verkünden. Zum Beispiel, dass die vergleichenden Gentests ergaben, dass Kolumbus nicht das uneheliche Kind eines spanischen Prinzen war.

In Zusammenarbeit mit internationalen Laboren werteten die Forscher Massentests aus, wie sonst bei Mördern und Vergewaltigern. Dazu gehörten Speichelproben von fast 500 Personen mit den Namen Colón, Colom, Columbo und Colonne aus Spanien, Frankreich und Italien. Sie öffneten auch Gräber für Vergleichsmaterial historischer Persönlichkeiten. Dabei stellte sich heraus, dass in Sevilla nicht Kolumbus’ jüngerer Bruder Diego begraben liegt, sondern nur ein entfernterer Verwandter.

In Spanien wurde die Sensation am Sonntag zurückhaltend und mit Fragezeichen in vielen Überschriften aufgenommen. „Die DNA-,Show‘: Er könnte ein Jude aus Valencia gewesen sein, oder auch nicht“, titelte skeptisch die Zeitung El País. Fachleute kritisieren, dass Lorente und der Historiker Castro Marcial ihre Ergebnisse nicht zuerst einer Fachpublikation zur Überprüfung überließen, wie es in der Wissenschaft üblich sei. Lorente will das im November auf einer Pressekonferenz in Granada nachholen und danach alles publizieren.



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