2025-01-26 22:00:00
Schon zu seinem Amtsantritt im Juni 2022 sah sich Benjamin Limbach, grüner Justizminister in Düsseldorf, mit der Erwartung der Öffentlichkeit nach schnellen Ermittlungserfolgen im Cum-ex-Steuerskandal konfrontiert. Sein Vorgänger im Amt, Peter Biesenbach (CDU), hatte nicht nur die zuständige Hauptabteilung der Staatsanwaltschaft Köln, damals noch unter der Leitung von Anne Brorhilker, personell gut ausgestattet. Biesenbach versprach auch vollmundig Anklagen am Fließband“ gegen die organisierten Steuerhinterzieher – angesichts von zwölf Anklagen nach mehr als einem Jahrzehnt Ermittlungsarbeit eine Aussage, die Limbach am Mittwoch vor Journalisten in Düsseldorf einmal mehr relativieren muss.
Wie schon im F.A.Z.-Interview im Herbst 2023 macht der Grünen-Politiker deutlich, dass er angesichts großer Mengen an beschlagnahmten Daten und hochkomplexer Sachverhalte wenig von Schnellschüssen seiner Cum-ex-Ermittler hält. „Justiz ist keine Planwirtschaft“, stärkt Stephan Neuheuser, Leiter der Staatsanwaltschaft Köln, demonstrativ die Position seines Dienstherrn.
Häme gegen Justizminister
Für seinen Umgang mit den Kölner Strafverfolgern, insbesondere mit der im Mai vergangenen Jahres abrupt ausgeschiedenen Brorhilker, musste Limbach in Vergangenheit viel Kritik und Häme einstecken. Mitglieder der FDP-Fraktion im Düsseldorfer Landtag bezeichneten ihn als „Minister Missmanagement“.
An diesem Mittwoch lässt Limbach weit überwiegend andere den Sachstand zur Strafverfolgung in Cum-ex-Fällen vortragen. Er überlasst die Bühne denjenigen, die sein Ministerium in den Monaten seit Brorhilkers Weggang bewusst von Presseterminen oder Hintergrundgesprächen ferngehalten hat. Aus der Praxis berichten Neuheuser, vor allem aber Oberstaatsanwalt Tim Engel. Der war im Frühsommer 2024 als Leiter der Hauptabteilung H auf Brorhilker gefolgt und musste seinen Worten nach über Monate erst einen Bestandsaufnahme in den Ermittlungskomplexen durchführen. Neben den aktuellen Zahlen und einem Ausblick präsentierte er den Zuhörern zunächst die neu aufgesetzte Leitungs- und Kommunikationsstruktur.
In Brorhilkers Ägide, die durch Razzien bei Banken, Beratern und Behörden sowie der Beschlagnahme von Beweisen geprägt war, seien nahezu alle Entscheidungen über ihren Schreibtisch gelaufen. Jetzt habe man die Führungsebene um mehrere Abteilungs- und Gruppenleiter ausgeweitet, letztere seien auch wichtig für die Kommunikation mit jüngeren Staatsanwälten in dem mittlerweile 36 Köpfe umfassenden Team der Cum-ex-Ermittler.
Diese sind derzeit in 130 Ermittlungskomplexen tätig, die Zahl der Beschuldigten liegt momentan bei rund 1700 Personen. Doch nicht gegen alle werde eines Tages Anklage erhoben, betont Engel. In 34 Tatkomplexen, also knapp einem Viertel aller in Köln aktenkundigen Verdachtsfälle, sei mittlerweile in Teilen eine Verjährung eingetreten. Daher könnten einzelne Taten nicht mehr verfolgt werden, erklärt Engel. Zugleich beschwichtigt er, dass dies nicht für die größeren Bankverfahren gelte. Dort habe man erforderliche Maßnahmen zur Unterbrechung eingeleitet. Das Ziel bleibe weiterhin, möglichst viel an unrechtmäßig ausgezahlten Steuergeldern von den Beteiligten zurück zu holen.
Prominente Fälle stehen vor Abschluss
Eine nächste Verjährung drohe mit dem Jahresende 2025. Der Cum-ex-Chefermittler kündigt zeitnah nächste Schritte an: „Es sind weitere Anklagen konkret in Vorbereitung.“ Wie er auf Nachfrage mitteilte, beschäftigten sich die Ermittler auf ihrer Prioritätenliste derzeit auch mit der früheren West LB sowie der Deutschen Bank. Die einstige Landesbank beteiligte sich in großem Ausmaß an den Aktienkreisgeschäften. Gegen die Deutsche Bank , die in Cum-ex-Geschäfte von Kunden eingebunden war, wird bereits seit dem Jahr 2017 ermittelt. Im Oktober 2022 durchsuchten zahlreiche Polizeibeamte und Ermittler im Auftrag der Staatsanwaltschaft Köln die Konzernzentrale der Deutschen Bank in Frankfurt.
#Cumexskandal #les #enquêteurs #prévoient #nouvelles #charges
1737918741