2024-05-13 19:09:39
Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) lässt beleidigende und anders strafrechtlich relevante Kommentare insbesondere von Social-Media-Nutzern nun ebenso konsequent verfolgen wie der Deutsche Fußball-Bund (DFB). DOSB-Präsident Thomas Weikert und der Erste Vizepräsident des DFB, Ronny Zimmermann, stellten ihre gemeinsame Linie am Montag gemeinsam auf einer Pressekonferenz mit Oberstaatsanwalt Benjamin Krause vor.
Krause arbeitet mit mehr als 20 Kolleginnen und Kollegen bei der Zentralstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität (ZIT) der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt, die seit dem vergangenen Jahr und angesichts der Flut an Hasskommentaren unter DFB-Postings anlässlich der U-17-Europa- und Weltmeisterschaften sowie der EM der U-21-Junioren mit dem DFB kooperiert.
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Vor den Olympischen Spielen in Paris im Sommer stelle sich der DOSB vor die deutschen Athletinnen und Athleten, sagte Weikert. Er erinnerte an Morddrohungen, denen sich die Moderne Fünfkämpferin Annika Zillekens nach den Olympischen Spielen 2021 ausgesetzt sah, an die „rassistische Komponente der Beleidigungen“ gegen deutsche Basketballspieler nach ihrem Ausscheiden dort und an die Beleidigungen gegen Vanessa Voigt bei der jüngsten Biathlon-WM.
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„Keine Akzeptanz von Fehlern“
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Zimmermann schilderte am Montag noch einmal eindringlich, wie sich der DFB angesichts der Flut an Beleidigungen nach zwei verschossenen Elfmetern im ersten EM-Spiel der U-21-Nationalmannschaft in vergangenen Jahr in Georgien gegen Israel entschlossen hatte, in die Offensive zu gehen. Es sei eine Frage des Anstands, die eigenen Sportler zu schützen. „Wir stellen fest, dass es überhaupt keine Akzeptanz von Fehlern mehr gibt“, sagte er. „Diese Reaktionen sind abgrundtief übel. Das muss raus aus unserer Gesellschaft.“
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Im vergangenen Herbst hatte der Verband Hasskommentare unter einem über den DFB-Kanal verbreiteten Bild seiner U-17-Weltmeister der ZIT gemeldet. Im April hatte die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt auf Anfrage der F.A.Z. mitgeteilt, das hessische Landeskriminalamt versuche noch in fünf Fällen, die Identität von Urhebern strafrechtlich relevanter Posts festzustellen.
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In sechs Fällen sei die Identität der Verdächtigen ermittelt, die Verfahren seien an Staatsanwaltschaften in Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen und Sachsen-Anhalt abgegeben worden. Weikert, Zimmermann und Krause forderten die Bundespolitik auf, ähnlich wie für Politiker einen Ausnahmetatbestand bei den Beleidigungsdelikten zu schaffen.
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Keine einheitliche Linie
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Ihrer Vorstellung nach soll das Erfordernis eines Strafantrags in den Fällen entfallen, in denen Sportlerinnen und Sportler bei Wettkämpfen für die Bundesrepublik antreten. Damit würde ein Hindernis für Strafverfolger entfallen; nach Informationen der F.A.Z. will Hessen bei der Justizministerkonferenz Anfang Juni in Hannover das Thema Ausnahmetatbestand für Sportler einbringen.
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Nach derzeit geltendem Recht bleiben die Sportler „selbst Herr des Geschehens“, was die Frage eines Strafantrags bei Beleidigungen angeht, sagte Zimmermann. Sie müssen damit rechnen, dass sie in den Verfahren als Zeugen vor Amtsgerichte geladen werden, aus Sicht der Funktionäre ein nicht unwesentlicher Faktor bei der Abwägung, ob Strafantrag bei Beleidigungen gestellt wird.
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Eine einheitliche Linie gibt es auch vor der bevorstehenden Fußball-EM nicht, allerdings war der DFB jüngst erstmals einem A-Nationalspieler beigesprungen, als er Aussagen des Journalisten Julian Reichelt über Antonio Rüdiger und dessen Posting zu Beginn des Fastenmonats Ramadan der ZIT meldete. Diese reichte die Meldung an die Staatsanwaltschaft Berlin weiter, bei der Rüdiger Strafanzeige stellte.
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Mit Blick auf das Team für die Olympischen Spiele, sagte Weikert, der DOSB werde in gemeinsamen Calls auf die Thematik hinweisen und Bedenken besprechen. Er geht davon aus, dass es anlässlich der Spiele vermehrt zu Fällen sogenannter „Hate Speech“ kommen wird. Krause berichtete aus der Praxis des Ermittlers, dass die ZIT, die sich seit 2019 dezidiert mit „Hate Speech“ im Internet beschäftigt, „an die 6000 Verfahren geführt“ hat.
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Bei Verfahren, die in Hessen zum Abschluss gebracht wurden, habe es in rund einem Viertel der Fälle „spürbare Reaktionen“ gegeben: Geldbußen, Geld- oder Freiheitsstrafen. Das Recht müsse durchgesetzt werden, auch im Internet, sagte Krause, um einer Verrohung des gesellschaftlichen Umgangs entgegenzutreten: „Welche Folge hätte es, wenn diese Kommentare bis hin zu Mordaufrufen stehen blieben? Wir würden denken, das ist normal.“
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