2024-08-15 13:16:31
Der deutschen Wirtschaft geht es nicht gut und in absehbarer Zeit wird es eher noch schlechter. Man braucht für diese Erkenntnis keine Glaskugel. Trotzdem hat die Ampelregierung bis zuletzt Optimismus verbreitet. Der Kanzler träumt nach wie vor von einem grünen Wirtschaftswunder mit Wachstumsraten wie zu Ludwig Erhards Zeiten, noch im Frühjahr hat die Regierung ihre Wachstumsprognose für das laufende Jahr angehoben.
Jetzt endlich – nach etlichen schlechten Konjunkturnachrichten – kehrt ein Hauch Realismus ein. „Hartnäckiger als von der Ampel-Regierung angenommen“, sei die Schwäche der deutschen Wirtschaft, hat Wirtschaftsminister Robert Habeck nun zugestanden.
Die Fehlannahme der Forscher
Und das ist noch milde ausgedrückt: Im zweiten Quartal ist das deutsche Bruttoinlandsprodukt um 0,1 Prozent geschrumpft. Die Stimmung und die Aussichten in den Unternehmen, die von Ökonomen monatlich abgefragt werden, sind seit Monaten im Sinkflug. Und auch die Konjunkturerwartungen der Fachleute an den Finanzmärkten sind im August eingebrochen, wie Anfang der Woche bekannt wurde.
Es ist gut möglich, dass ein weiteres Quartal ohne Wachstum folgt und Deutschland in die Rezession zurückfällt. Die größte Volkswirtschaft der EU ist und bleibt damit der Bremsklotz in Europa. In Italien, Frankreich und vor allem in Spanien läuft die Wirtschaft deutlich besser.
Große Lust zu investieren hat niemand
Dass die Regierung Optimismus verbreitet, mag angesichts sinkender Umfragewerte kaum verwundern. Bedenklicher ist, dass auch die großen Forschungsinstitute monatelang einen Aufschwung kommen sahen, der sich nun als Phantom entpuppt hat. Ihre große Fehlannahme: Sobald die Inflation nachlässt und die Menschen dank steigender Löhne mehr Geld in der Tasche haben, werden sie wie wild shoppen gehen, verreisen und Autos kaufen.
Das war naiv. Die Reallöhne steigen zwar tatsächlich, der Konsumrausch bleibt aber aus. Menschen sind nun mal keine Automaten, die mehr Geld ausgeben, sobald mehr Geld in sie hineingesteckt wird. Die Pandemie, der Krieg in der Ukraine, die hohe Inflation – das alles waren außergewöhnliche Ereignisse, die Spuren hinterlassen und Menschen verunsichern. Ist es da nicht verständlich, etwas sparsamer zu leben und ein paar Euro mehr aufs Konto für schlechte Zeiten zu legen?
Es ist besorgniserregend, dass die Modelle der Konjunkturforscher für solche für solche naheliegenden psychologischen Faktoren weitgehend blind zu sei scheinen. Bei der Inflation war es übrigens ganz ähnlich. Die großen Notenbanken verharmlosten das Phänomen als „temporär“ bis zu dem Moment, an dem nicht mehr abzustreiten war, dass die Preissteigerungen nicht einfach wieder verschwinden werden.
Mit Blick auf die Konjunktur ist die Konsumhoffnung übrigens noch immer der Strohhalm, an den man sich in Deutschland klammert. „Vom privaten Konsum könnten somit in der zweiten Jahreshälfte konjunkturelle Impulse kommen“, schreibt das Bundeswirtschaftsministerium. Es „könnten“ Impulse kommen, ja. Aber vielleicht auch nicht.
Die Realität ist grau, nicht pechschwarz
Jenseits davon wird es dünn. Die deutsche Industrie durchlebt mehr als eine Konjunkturdelle, sie kämpft mir Transformation, hohen Energiepreisen und ausländischer Konkurrenz. Aus China, dem wichtigen Absatzmarkt, kommen keine neuen Impulse. Und große Lust zu investieren hat in diesem Umfeld auch niemand.
Das klingt alles düster. Für die Schwarzmaler der Nation sind die schlechten Nachrichten die Vorlage, den Standort Deutschland insgesamt schlecht zu reden und das Geschäft mit der Angst vor dem Untergang zu betreiben. So schlimm ist es aber zum Glück nicht.
Die Realität ist grau, nicht pechschwarz. Es ist an der Zeit, das so auszusprechen – ohne jede Schönfärberei. Und die Ampel in Berlin sollte sich vielleicht überlegen, ob sie ihr letztes Jahr an der Macht nicht doch für etwas anderes nutzen möchte als für Dauerstreit ums Geld und ein Wachstumspaketchen, das nicht einmal diesen verniedlichenden Namen verdient.
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