2024-10-29 20:15:00
Als Knaus Tabbert vor vier Jahren an die Börse ging, war dies ein ungewöhnlicher Zeitpunkt. Die Corona-Pandemie hatte die Welt und auch die Börsen fest im Griff. Die meisten Portfoliomanager hatten andere Sorgen, als sich mit möglichen Neuzugängen an den Börsen zu befassen. Knaus Tabbert wagte den Sprung aufs Frankfurter Parkett dennoch. Der Hersteller von Wohnwagen und Wohnmobilen aus Jandelsbrunn im Bayerischen Wald war schließlich ein Corona-Gewinner. Die Zulassungszahlen von Wohnmobilen verdoppelten sich im ersten Corona-Sommer. Und so gelang der Börsengang auch in schwieriger Zeit, wenn auch mit Abstrichen: Es wurden deutlich weniger Aktien am Markt platziert als von den niederländischen Eigentümern Wim de Pundert und Klaas Meertens geplant, und der Preis lag mit 58 Euro je Aktie weit unter den angestrebten 74 Euro.
Über einen Kurs von 58 Euro würden die Aktionäre heute jubeln. Die Aktie kostete am Dienstag knapp 25 Euro. Die jüngsten Ad-hoc-Mitteilungen des Unternehmens haben das Zutrauen der Anleger schwer erschüttert. Erst wurden im Sommer die Werksferien von drei auf fünf Wochen verlängert, um den Lagerbestand an nicht verkauften Wohnmobilen und Wohnwagen nicht allzu groß werden zu lassen. Vergangene Woche folgte die Mitteilung, abermals die Produktion einzuschränken, um die Händler zu entlasten, die Schwierigkeiten mit hohen und teuren Lagerbeständen haben. Zu volle Lager? Ein Phänomen, das für die Branche jahrelang ein Fremdwort war.
Knaus Tabbert hat nach dem Börsengang genau das getan, was es versprochen hatte. Angesichts der hohen Nachfrage wurden die Produktionskapazitäten in den Werken in Jandelsbrunn und im ungarischen Nagyoroszi deutlich ausgebaut. Der Umsatz stieg entsprechend. Der Aktienkurs, der nach dem Börsengang zunächst auf mehr als 70 Euro zulegte, dann im Zuge der Zinswende 2022 auf 24 Euro absackte, berappelte sich wieder auf Kurse um den Kurs von 58 Euro beim Börsengang. Erst die jüngsten Nachrichten sorgten für die zerplatzten Campingträume der Anleger.
Der Vorstand schrumpft auf zwei Personen
Am Montag kündigte Knaus Tabbert den Rückzug des Vorstandsvorsitzenden Wolfgang Speck an. Er hatte erst im Februar seinen Vertrag verlängert, das Unternehmen nach den Erfahrungen einer Insolvenz im Zuge der Finanzkrisenrezession 2009 zur Börsenreife gebracht und ihm Wachstum, Profitabilität und mehr Arbeitsplätze beschert. Seit dem Frühjahr ist das Unternehmen ohne Finanzvorstand. Speck verlässt es noch diese Woche. Die verbliebenen erfahrenen Vorstände Werner Vaterl und Gerd Adamietzki sollen Knaus Tabbert vorerst führen. Nach Angaben des Aufsichtsrats ist zudem die Suche nach einem neuen Finanzvorstand weit vorangeschritten.
Noch vor dem Rückzug von Speck hatte mit Jefferies ausgerechnet jenes Analysehaus seinen Optimismus für die Aktie aufgegeben, das Knaus vor vier Jahren mit an die Börse gebracht hatte. Analystin Martha Ford zog ihre Kaufempfehlung zurück und passte das Kursziel von 54 Euro an den aktuellen Kurs an. Sie sprach zur Begründung von Preisdruck in der Branche. Händler bauten ihre Lagerbestände ab, ein Trend, den sie auch 2025 intakt sehe. Dazu passt, dass Knaus Tabbert mit als „Champions Deals“ bezeichneten Rabattaktionen die Kunden zum Kauf bewegen will. Das war lange Zeit nicht nötig gewesen, ist erfreulich für die Kunden, die nun viel schneller und auch günstiger an ihre Wunschfahrzeuge kommen, es schmälert aber die Gewinnmarge.
Die Analysten von First Berlin Equity rechnen damit, dass das Unternehmen nach den jüngsten Enttäuschungen „eine Zeit lang auf der Prognose-Strafbank verbringen muss, während es seine Glaubwürdigkeit wiederherstellt“. Dass dies gelingt, davon geht First Berlin aus. Die Analysten reduzierten zwar ebenfalls ihr Kursziel von zuvor 69 Euro. Die nun genannten 54 Euro entsprächen aber immer noch einer Verdopplung des aktuellen Kurses. Kepler Cheuvreux, Montega und Alphavalue/Baader Bank raten ebenfalls zum Kauf, Oddo zum Halten, und nur Hauck Aufhäuser würde auf diesem Kursniveau weiter verkaufen.
Wie viel Gewinn bleibt übrig?
Die entscheidende Frage für die weitere Aktienkursentwicklung dürfte sein, ob Knaus Tabbert seine Profitabilität auch bei nicht voll ausgelasteten Produktionskapazitäten erhalten kann. Zum Halbjahr betrug die operative Gewinnmarge noch 7,3 Prozent. Die angestrebte Steigerung auf 8 bis 9 Prozent kassierte das Unternehmen im Juli ein und visierte 7 bis 8 Prozent an. Vergangene Woche folgte die Mitteilung, dass sie dieses Jahr „deutlich“ unter diesen Wert fallen werde. Konkreter wurde das Unternehmen nicht. Die Analysten von First Berlin gehen von einer Marge von 5,5 Prozent aus. Das entspräche bei einem auf 1,3 Milliarden Euro gesunkenen Jahresumsatz immerhin noch gut 70 Millionen Euro Gewinn, die wiederum in Relation zum aktuellen Börsenwert von nur noch 250 Millionen Euro eine günstige Bewertung wären.
Doch wie geht es weiter? Die hohe Dividende von zuletzt 2,90 Euro je Aktie wird sich nicht halten lassen. Der Blick in die Campingplatz-Statistiken zeigt indes einen ungebrochenen Trend zum Campingurlaub. Die Konsumstimmung im aktuellen Wirtschaftsumfeld ist jedoch getrübt. Das geht zulasten von nicht unbedingt benötigten Anschaffungen, wozu Wohnwagen und Wohnmobile zählen. Gleichzeitig wird ein hohes Interesse auf Messen an der Luxusmarke Morelo von Knaus Tabbert registriert. Dies konnte jedoch nicht verhindern, dass die Auftragsbestände des Gesamtkonzerns im Sommer 61 Prozent niedriger lagen als im Vorjahr. Der Boden scheint hier noch nicht gefunden. Gleiches könnte für die Aktie gelten.
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