2025-01-09 13:51:00
Das Defizit der kommunalen Haushalte in Deutschland ist wesentlich höher als erwartet. Wie aus einer Übersicht des Statistischen Bundesamts hervorgeht, die der F.A.Z. vorliegt, beträgt es für die ersten drei Quartale 2024 knapp 25 Milliarden Euro. Die Kommunen hatten zunächst mit 13 Milliarden Euro Defizit gerechnet, im Herbst für das erste Halbjahr 17 Milliarden Euro Defizit verzeichnet. Das Finanzierungssaldo ist somit fast doppelt so hoch wie zu Anfang 2024 noch erwartet.
Es ist das zweite Jahr in Folge, in dem die Kommunen in die roten Zahlen rutschen. 2023 waren es rund 8 Milliarden Euro. Der Betrag hat sich nun verdreifacht. Vorausgegangen waren mehr als zehn Jahre mit Haushaltszuschüssen, die durch eigene Steuereinnahmen, durch Zuweisungen von Bund und Ländern, zuletzt durch Corona-Zuschüsse erwirtschaftet wurden.
Steigende Personal- und Sozialkosten
Der Deutsche Landkreistag äußerte zu den neuen Zahlen gegenüber der F.A.Z.: „Bricht man die schier unvorstellbare Summe von fast 25 Milliarden Euro auf die Kommunen herunter, bedeutet dies: Auf jeden Einwohner entfallen durchschnittlich 318,3 Euro ungedeckter kommunaler Ausgaben.“ Landkreistag-Geschäftsführer Hans-Günter Henneke sagte der F.A.Z.: „Ohne eine massive Kursänderung ist auch in den kommenden Jahren keine Veränderung absehbar.“
Die dramatische Lage der kommunalen Finanzen wird vor allem durch steigende Personalkosten, durch steigende Sozialkosten, durch Inflation und Zinsausgaben erklärt. In der Statistik des Statistischen Bundesamts fallen vor allem die gestiegenen Personal- und Sozialkosten auf. In Nordrhein-Westfalen etwa sind sie innerhalb eines Jahres um mehr als zehn Prozent gestiegen, in Baden-Württemberg und Hessen um mehr als 13, in Rheinland-Pfalz um mehr als 14 Prozent.
Die kommunalen Spitzenverbände – Städtetag, Landkreistag und Städte- und Gemeindebund – hatten angesichts der sich abzeichnenden Entwicklung vor einem Stillstand in den Kommunen gewarnt. „Neue Investitionen können unter diesen Vorzeichen praktisch nicht mehr beschlossen werden“, hieß es in einer gemeinsamen Stellungnahme Mitte des vergangenen Jahres. Der Investitionsrückstau werde schon jetzt auf 186 Milliarden Euro geschätzt und steige nun weiter an. Sachinvestitionen sind laut dem Statistischen Bundesamt teilweise, etwa in Niedersachsen oder Sachsen-Anhalt, schon zurückgegangen.
„Bund und Länder leben auf Kosten der Kommunen“
Die ungedeckten steigenden Sozialkosten sind nach Darstellung der Verbände auf steigende Fallzahlen und auf Rechtsansprüche zurückzuführen, die von Bund und Ländern beschlossen würden, ohne eine Finanzierung sicherzustellen. „Wir sehen zudem mit großer Sorge, dass Bund und Länder ihre Haushalte entlasten, indem sie die Kommunen faktisch zwingen, als Ausfallbürgen einzuspringen. Beispiele sind die unzureichende Krankenhausfinanzierung, das unterfinanzierte Deutschland-Ticket oder die langfristig ungeklärte Finanzierung der Wärmewende.“
Um eine Abwärtsspirale aufzuhalten, fordern die Kommunen einen größeren Anteil an den Gemeinschaftssteuern. „Außerdem muss endlich Schluss damit sein, dass Bund und Länder die Aufgaben der Kommunen immer mehr ausweiten, ohne für eine ausreichende Finanzierung zu sorgen. Die Kommunen wollen vor Ort gestalten, mit Haushalten im Defizit können wir an vielen Stellen aber nur noch den Mangel verwalten“, hieß es in einer Stellungnahme der Spitzenverbände zur Prognose ihrer Finanzen.
Henneke sagte dazu: „Einfache Lösungen gibt es nicht, gefordert sind sowohl die Städte, Landkreise und Gemeinden selbst, das bereits Ende 2019 und erneut Ende 2024 angerufene Bundesverfassungsgericht, die Länder, der Bund, aber auch die in Kürze wieder verhandelnden Tarifpartner.“
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