2024-08-20 15:16:09
Das Wachstum der Tariflöhne hat sich im Frühjahr nur aufgrund des Wegfalls von Sonderzahlungen abgeschwächt. Nach Einschätzung der Bundesbank steigen die Löhne in Deutschland im Trend immer noch kräftig, wie sie in ihrem am Dienstag veröffentlichten jüngsten Monatsbericht ausführte.
Im zweiten Quartal seien die Tarifverdienste im Vorjahresvergleich um 3,1 Prozent gestiegen nach einem Wachstum von 6,2 Prozent im Auftaktquartal. Die Wachstumsabschwächung sei allerdings vor allem darauf zurückzuführen, dass im Vorjahr gezahlte Inflationsausgleichsprämien wegfielen. Ohne Sonderzahlungen seien die Tarifverdienste im Frühjahr mit 4,2 Prozent spürbar stärker gewachsen als noch im Winter. Im ersten Quartal hatte bei dieser Berechnung das Plus bei 3,0 Prozent gelegen.
Lohnplus in fast allen Branchen
„Die dauerhaften Lohnsteigerungen gewinnen an Bedeutung“, erklärte die Bundesbank. „Das auf zwölf Monate umgerechnete Lohnplus lag in fast allen Branchen, die sich im zweiten Vierteljahr auf einen neuen Tarifvertrag einigten, zwischen vier Prozent und sechs Prozent.“ Auch in den anstehenden Verhandlungen zeichneten sich hohe Lohnabschlüsse ab. Die Forderungen der Gewerkschaften lägen derzeit zwischen sieben und 19 Prozent für eine Laufzeit von zwölf Monaten. Im Dienstleistungssektor ragten die Lohnforderungen besonders heraus. Ziel der Gewerkschaften sei ein Ausgleich der Reallohnverluste, die in den vergangenen drei Jahren aufgelaufen seien.
Laut dem gewerkschaftsnahen Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung dürften in diesem Jahr die Tariflöhne um 5,6 Prozent steigen. Dabei berücksichtigte das WSI, wie es unlängst mitteilte, die im ersten Halbjahr erzielten Neuabschlüsse und die in den Vorjahren für 2024 vereinbarten Erhöhungen. Angesichts eines deutlichen Rückgangs der Inflation auf durchschnittlich 2,4 Prozent im ersten Halbjahr ergibt sich hieraus laut dem WSI ein reales Lohnwachstum in diesem Jahr von rund 3,1 Prozent. Seit über einem Jahrzehnt sei dies der mit Abstand höchste jährliche Reallohnzuwachs bei den Tariflöhnen.
EZB-Daten zum Lohnwachstum
Das Wachstum der Löhne gilt derzeit als einer der stärksten Treiber der Inflation im Euroraum und wird deshalb von der Europäischen Zentralbank (EZB) genau verfolgt. Im ersten Quartal lag das Wachstum der Tariflöhne im Währungsraum bei 4,7 Prozent. Dies gilt als vergleichsweise hoch. Denn als vereinbar mit dem EZB-Ziel einer Inflation von 2,0 Prozent gilt ein Lohnwachstum von rund drei Prozent. Zahlen zum Lohnwachstum in der 20-Länder-Gemeinschaft im zweiten Quartal will die EZB am Donnerstag vorlegen. EZB-Präsidentin Christine Lagarde hatte im Juli darauf hingewiesen, dass die Löhne immer noch in einem erhöhten Tempo steigen. Im Laufe des nächsten Jahres sei aber mit einer Abschwächung des Lohnwachstums zu rechnen.
Im Juli lag die Inflation in der Euro-Zone mit 2,6 Prozent nicht mehr weit von der EZB-Zielmarke entfernt. Die nächste Zinssitzung der Notenbank ist am 12. September. Am Finanzmarkt wird derzeit die Wahrscheinlichkeit als sehr hoch angesehen, dass die Euro-Wächter dann erneut die Schlüsselsätze senken werden. Im Juni hatte die EZB die Zinswende vollzogen und erstmals seit 2019 ihre Zinspolitik gelockert. Der am Finanzmarkt richtungsweisende Einlagensatz, den Geldhäuser erhalten, wenn sie bei der Notenbank überschüssige Gelder parken, liegt aktuell bei 3,75 Prozent.
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