2024-08-21 15:42:42
Wilde Präriepferde, Güterwaggons, Amerikaner, die während der Großen Depression leiden, und dann Soldaten, die am europäischen Strand landen: Schon die ersten, schnell geschnittenen Sequenzen des neuen Wahlkampfvideos von Kamala Harris sollen Gefühle hervorrufen – patriotische Gefühle, Stolz.
„Freedom“ singt Beyoncé, es ist kein leichtfüßiger Song, sondern einer, der vom Überwinden der Hindernisse handelt, mit Anklängen an ein altes Spiritual, aber doch kraftvoll und auch tanzbar, dass sich dazu feiern lässt. Das Video lief erstmals auf dem Parteitag der Demokraten in Chicago. Es versammelt anheimelnde und stolze Momente: Familien, die sich umarmen, Frauen, die boxen und Babies pflegen, Bauarbeiter, die die amerikanische Flagge hissen. Und immer wieder: Demonstranten, für Black Lives Matter, für Schwangerschaftsabbrüche, für LGBTQ-Rechte.
Wie beim Super Bowl in der Halbzeit
Der politische Gegner kommt nur kurz vor, in einer Sequenz stürmen Trumps Anhänger das Kapitol in Washington, und Kamala Harris kommentiert: „Er will uns zurückführen, aber wir bewegen uns nicht zurück.“ Beyoncés Song kam schon in ihrem ersten Werbespot vor. Im neuen Video ist auch der Schauspieler Jeffrey Wright zu hören, der für „American Fiction“ für einen Oscar nominiert war. Auf die heroischen Bilder des Zweiten Weltkriegs folgen Mondlandung und ein paar Windräder, und Wright sagt: „Faschismus: Haben wir besiegt. Mond: Sind wir drauf gelandet. Zukunft: Bauen wir auf.“
In den USA geht es im Wahlkampf noch mehr um Stimmungen als anderswo, die Präsidialdemokratie verlangt die Inszenierung einer charismatischen Führungspersönlichkeit, detaillierte Programmatik rückt da oft in den Hintergrund. Die Wahlkampf-Videos sollen daher ähnliches leisten wie die Werbung in der Halbzeit beim Super Bowl: Sie müssen spektakulär und einprägsam sein, idealerweise auch humorvoll. Und irgendwie sollen sie dem Wahlvolk einen positiven Spiegel vorhalten, die Menschen so zeigen, wie sie sich selbst am liebsten sehen – als hart arbeitende Familien, die für eine gute Sache einstehen.
Konflikte sind deshalb vor allem historisch konnotiert. Proteste kommen zwar vor, aber nur zurückliegende oder jene, bei denen man sich auf der richtigen Seite wähnt. Black-Lives-Matter-Märsche werden zum Symbol der amerikanischen Freiheit schlechthin, der aktuelle Protest vor den Toren der Arena in Chicago, wo Tausende gegen Amerikas Unterstützung des israelischen Krieges in Gaza demonstrieren, gegen die Haltung von Partei und Vizepräsidentin, kommt natürlich nicht vor. Patriotismus geht vor: Einigkeit soll heißen, Differenzen zu überbrücken, auch wenn sie in Wahrheit zu groß sind.
Dass die Partei den Nationalstolz nicht den Republikanern überlassen will, ist nicht neu. „USA, USA“ wurde schon vor Trumps Präsidentschaft auf Parteitagen der Demokraten gerufen. Man muss vielleicht Amerikaner sein, um sich von der Americana-Salve im Video mitgerissen zu fühlen. Aber weil er ja auch nur den Amerikanern gefallen muss, macht der Spot vieles richtig – wie ein gelungener Superbowl-Werbefilm.
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