2024-07-23 18:03:31
Im Kosmos des Leistungssports kommt keine offizielle Ansprache ohne aufmunternden Appell aus. Also richtete Boris van der Vorst die letzten Sätze an jene Boxerinnen und Boxer aus Deutschland und Irland, die sich beim Medientermin im olympischen „Precamp“ in Saarbrücken das Podium mit ihm teilten.
„Ich möchte euch alle glänzen sehen in Paris“, rief er ihnen in niederländisch gefärbtem Englisch zu, und wollte sich schon darauf freuen, die Adressaten bei den Spielen 2028 in Los Angeles wiederzusehen. Anschließend machte sich der schlaksige Mann auf den Weg zum Frankfurter Flughafen, um die Maschine nach Ulan-Bator zu erwischen. Dort sitzt der mongolische Boxverband, der in seiner Welt ein gewisser Faktor ist.
Organisation durch Task Force des IOC
Der fliegende Holländer gibt vor dem 27. Boxturnier der olympischen Neuzeit noch mal alles. Das hat Methode, da er im Vorjahr einen neuen Weltverband mitbegründet hat, den er inzwischen als Präsident führt. World Boxing (WB), so der Name, will den Aktiven die Chance auf den weiteren Verbleib im Programm der Sommerspiele sichern. Der ist fraglich, seit das Internationale Olympische Komitee (IOC) die alteingesessene International Boxing Association (IBA) im vergangenen Jahr aus der olympischen Familie ausgeschlossen hat.
Schon seit 2019 war sie wegen „mangelnder finanzieller Transparenz“ und „fehlender Integrität der Schiedsprozesse“ suspendiert gewesen. Das Boxturnier wird seither von einer eigenen Task Force des IOC organisiert. So war es vor drei Jahren in Tokio, und so wird es auch von Samstag an wieder sein, wenn 249 Aktive in der Arena Paris Nord und schließlich im Stade Roland Garros um 39 Medaillen kämpfen.
Die Verabredung für Los Angeles ist also eher eine ostentative Geste als eine verbindliche Einladung. Die Zuversicht dafür bezieht van der Vorst aus jüngsten Zeichen aus Lausanne. Anfang Mai nahm das IOC erstmals offizielle Gespräche mit einer Delegation von World Boxing auf, um eine Zusammenarbeit zu prüfen.
Wenige Wochen darauf gab sie allen nationalen Boxverbänden eine Empfehlung: Falls sie ihren Aktiven eine olympische Perspektive vorbehalten wollten, sollten sie der IBA alsbald den Rücken zukehren. Das war ein klares Signal. Postwendend mokierte sich die IBA-Spitze um den russischen Präsidenten Umar Kremlew über „eine absolute Travestie und Schande durch einen der angeblich führenden Sportverbände der Welt“.
Kukrative Aussichten für Athleten
Damit hat WB in dem Fernduell eine wichtige Runde, aber noch nicht den ganzen Kampf gewonnen. Ende Mai machte die auch durch Sponsor Gazprom aufgepumpte IBA bekannt, dass sie an sämtliche Aktive samt ihren Trainern und Verbänden, die in Paris zumindest ins Viertelfinale vordringen, Prämien vergäbe.
Die reichen von 10.000 bis zu 100.000 US-Dollar (9186 bis 91.861 Euro) beim Turniersieg und summieren sich auf über 3,1 Millionen (2,8 Millionen Euro). Außerdem können alle Finalisten danach bei den hoch dotierten „Champions Nights“ der IBA starten. Das sind lukrative Aussichten für Athleten, die in der Hinsicht wenig verwöhnt werden.
WB braucht mehr Nationalverbände
Und noch hat World Boxing dem regen Treiben nichts Gleichwertiges entgegenzusetzen. Seit der Gründung in Frankfurt vor acht Monaten hat der Verband gerade zwei Weltcup-Turniere ausgerichtet; ein drittes soll Ende September in Ulan-Bator steigen. Darüber hinaus sind jenseits einer U19-WM bislang keine Welt- oder Kontinentalmeisterschaften terminiert. Was nicht zuletzt an überschaubaren Mitteln liegt – auch wenn jüngst mit einem großen amerikanischen und einem australischen Unternehmen längerfristige Ausrüster-Verträge abgeschlossen wurden.
Will WB in vier Jahren in Los Angeles federführend sein, muss der Verband weitere nationale Vertretungen auf seine Seite ziehen. Bisher haben sich 33 Organisationen angeschlossen; darunter der US-Boxverband USA Boxing, das britische GB Boxing sowie der Deutsche Boxsport-Verband (DBV).
Nelvie Tiafack wird bald Profi
Weitere Bewerber werden gerade auf Kriterien wie einwandfreie Führung und transparente Finanzen hin überprüft. Vor dem Hintergrund wandte sich van der Vorst in Saarbrücken, wo sich 65 Aktive aus 16 Nationen auf Einladung der saarländischen Landesregierung auf ihre ersten Runden vorbereiten, an zögernde Funktionäre: „Alle nationalen Verbände sollten jetzt handeln.“
Wie der Zweikampf der Weltverbände ausgeht, muss Nelvie Tiafack nicht mehr interessieren. Der Kölner Europameister im Superschwergewicht ist zwar einer von zwei Aktiven, die in Paris die Farben des DBV vertreten, er wird danach aber Profi.
„Die Vorbereitung auf Paris war gut“
Doch Maxi Klötzer aus Chemnitz, die im Fliegengewicht antritt, kann sich so etwas nicht vorstellen. Sie und fast alle anderen aus dem Elitekader wollen für die Olympischen Spiele 2028 in Los Angeles trainieren. Darum mahnt DBV-Präsident Jens Hadler jetzt nächste Schritte und Erfolge an – nach außen wie nach innen.
Erste Gespräche mit dem IOC stimmen Hadler optimistisch, dass Boxen olympisch bleibt. „World Boxing muss zügig den internationalen Wettkampf-Kalender ausbauen. Wir unterstützen das als DBV so gut wie möglich“, sagte Hadler. „Aber wir sind auch darüber hinaus gefragt. Die Vorbereitung auf Paris war gut, jetzt müssen wir liefern und dann mit ‚lesson learned’ nahtlos in die Vorbereitung für 2028 starten.“
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