Le feu tricolore est terminé, on ne peut pas gouverner comme ça

Möglicherweise hält die Regierungskoalition bis zu den nächsten Bundestagswahlen zusammen, weil ihr im Zweifel schlechtes Regieren immer noch besser erscheint als die Aussicht auf Neuwahlen, deren Ergebnis keiner der drei Ampelparteien gefallen dürfte. Als eine gestaltende Kraft, die Aufbruchstimmung erzeugt und das Land in eine bessere Zukunft begleitet, ist diese in sich zerstrittene, in der Bevölkerung Politikmüdigkeit erzeugende Regierung indes nicht mehr vorstellbar.

Deutschland braucht aber dringend eine Aufbruchstimmung, um die das Land lähmenden Blockaden zu überwinden. Sollten die Populisten in den ostdeutschen Landtagswahlen noch stärker abschneiden als bislang prognostiziert, dürfen die Berliner Regierungsparteien auf der Suche nach Ursachen in den Spiegel schauen.

Die Regierung schlug sich zumindest respektabel, als sie nach dem Beginn des russischen Kriegs gegen die Ukraine in aller Eile die Energieversorgung des Landes sichern musste. Die Regierung versagte jedoch, sobald es darum ging, Politik zu gestalten. Erst mussten die Grünen zu ihrem Schaden lernen, dass eine von Katastrophentönen begleitete Klimapolitik scheitert, wenn sie durch Ordnungsrecht den Menschen vorschreiben will, wie sie zu leben haben.

Die SPD wiederum musste spätestens mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts im November 2023 deutlich niedrigere Spielräume in der Haushaltspolitik akzeptieren. Unterstützt von ihr nahestehenden Ökonomen, deren wirtschaftspolitisches Repertoire sich weitgehend auf Rufe nach einer Reform der Schuldenbremse zu beschränken scheint, mauerte sich die SPD danach ein. Sie träumte von einer Lockerung der Schuldenbremse (für die von Vornherein keine verfassungsändernde Mehrheit im Bundestag zu erkennen war) und sie versagte sich einer konsequenten Priorisierung von Staatsausgaben mit der Begründung, Kürzungen und Umschichtungen seien den Menschen nicht zumutbar. Nicht zumutbar erscheinen sie allerdings in erster Linie für die SPD. Historische Vergleiche sind häufig schwierig, aber: Die SPD erinnert im Herbst 2024 an die SPD im Herbst 1982.

Und die FDP? Die Liberalen wurden in der Geschichte der Bundesrepublik schon mehrfach in erster Linie in der Hoffnung gewählt, sie würden in einer Regierungskoalition die schlimmsten Torheiten größerer Koalitionspartner verhindern. Nur ist die FDP in der augenblicklichen Koalition gar nicht in der Lage, in ausreichendem Maße Torheiten zu verhindern. Und letztlich benötigt eine Partei auch als gestaltende Kraft ein Profil in einer Regierung. Hier besteht für die FDP die Gefahr, dass man sie im Nachhinein für die laufende Legislaturperiode mit der Legalisierung von Cannabis in Verbindung bringen wird, während rundherum die Fundamente einer starken Wirtschaft zu zerbröseln beginnen. Auch handwerklich geht nichts mehr: Der Entwurf für den Bundeshaushalt wird mit einer Lücke von 12 Milliarden Euro an das Parlament übermittelt. Irgendwie wird es schon noch klappen, sagen sich die Matadore.

So kann man nicht regieren. Deutschland steht vor einer Vielzahl wirtschaftlicher Herausforderungen, die tatkräftig angegangen werden müssen. Die Dringlichkeit des Handelns mag unterschätzt werden, weil die wirtschaftliche Substanz immer noch erheblich ist und trotz schwacher Konjunktur aus früheren Zeiten bekannte Krisenphänomene wie Massenarbeitslosigkeit fehlen. Die Wirtschaftsschwäche unserer Zeit ist im Gegenteil unter anderem durch einen Mangel an Arbeitskräften gekennzeichnet. Die deutsche Wirtschaft leidet nicht an einer vorübergehenden Konjunkturdelle, sondern an fundamentalen Schwierigkeiten.

Natürlich ließen sie sich anpacken. Insofern besitzt das dumpfe Untergangsgedröhne der Populisten keine Grundlage. Aber für fundamentale wirtschaftliche Schwierigkeiten ist das Zuschütten mit Geld keine Option, wie die Linke unverdrossen zu denken scheint. Ein Blick auf jüngste Wahlergebnisse und aktuelle Meinungsumfragen für die SPD zeigt, dass sich mit möglichst viel Geld für den Sozialstaat auch die Wähler nicht mehr einfangen lassen, weil diese offenkundig eine nüchternere Sicht von den Grenzen des Sozialstaats in einer wachstumsschwachen Wirtschaft besitzen als die Parteizentrale der SPD.

Benötigt wird eine entschlossene Verbesserung der Angebotsbedingungen. Wirtschaftliche Freiheit statt bürokratischer, legislativer, gesellschaftlicher und mentaler Blockaden sollte das Motto lauten. Eine gelähmte, in sich zerstrittene Regierung wird dagegen zu einer Hypothek für die Zukunft Deutschlands.