2025-01-06 20:06:00
Im Grunde wäre es an der Zeit für ein Re-Branding. Schließlich hat der Videobeweis im Fußball längst nicht mehr allein mit dem Auswerten von Videos zu tun. Sicher, auch die halbautomatische Abseitslinie, mit der sie von der kommenden Saison an auch in der Bundesliga arbeiten wollen – das kündigte Knut Kircher, der Schiedsrichterchef des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), in einem Interview mit dem „Kicker“ an –, wird am Ende auf irgendeinem Bildschirm im berühmt-berüchtigten „Kölner Keller“ gezogen.
Aber dabei werden neben Videobildern unter anderem auch die Daten verwertet, die ein Sensor im Ball funkt. Wenn die Schiedsrichter dann noch, wie das Kircher ebenfalls andeutete, ihre Entscheidungen künftig über die Stadionmikrofone erklären sollen, kommt eine weitere Technik ins Spiel. Aus dem Video Assistant Referee (VAR) ist ein Elektronischer Schiedsrichter geworden.
Mit der „Challenge“ liegt eine simple Lösung auf der Hand
Das alles ist sinnvoll. Bei Schwarz-Weiß-Entscheidungen wie der Frage nach dem Abseits sollten die Verantwortlichen lieber auf mehr als auf weniger Technik setzen. Das zeigte schon die Einführung der Torlinientechnologie, die heute kaum mehr jemand missen möchte. Gleichzeitig lässt sich feststellen, dass die deutschen Schiedsrichter und ihre VAR auch in den vielen Graubereichen des Spiels ihre Zusammenarbeit verbessert haben. Was auch daran liegt, dass die Videoassistenten ganz gemäß den Vorgaben des Verbands deutlich weniger intervenieren. An den ersten 15 Spieltagen der Bundesliga gab es rund 30 Prozent weniger Eingriffe als im selben Zeitraum der Vorsaison (50 statt 72).
Auch wenn einen das Schneckentempo der Entwicklung immer noch wahlweise wundern oder ärgern kann, funktioniert der Videobeweis inzwischen deutlich besser als in den wilden Anfangszeiten. Zudem läge auch für den letzten großen Streitpunkt, die Frage nämlich, wann sich der Video-Assistent einschaltet und wann nicht, mit der „Challenge“ eine simple Lösung auf der Hand. Doch ausgerechnet in diesem Punkt sind Schiedsrichter und Verbände weiter starrsinnig. Kircher erteilte der Möglichkeit, dass Trainer oder Spieler die Überprüfung einer strittigen Szene in einer begrenzten Anzahl an Fällen einfordern dürfen, nun abermals eine Absage. Weil damit „eine falsche Erwartungshaltung“ verknüpft werde, „nämlich die, dass der Schiedsrichter seine Entscheidung (…) drehen muss“. Auch der Bundesliga-Rekordschiedsrichter Felix Brych behauptete in einem Interview mit der „Süddeutschen Zeitung“, dass dann der „Frust noch größer“ wäre.
Das aber ist reine Spekulation. Und mit Blick auf ausnahmslos alle anderen Teamsportarten, in denen die Challenge seit Jahren erfolgreich angewendet wird, scheint es außerdem eine wenig fundierte These. Doch der Fußball wähnt sich eben seit jeher in einer Sonderrolle, sieht sich als eine Sportart mit besonders viel Streitpotenzial. Wer aber glaubt, im Fußball gäbe es mehr strittige Entscheidungen als in anderen Sportarten, der hat offenkundig noch nie ein Hockey-, ein Basketball- oder ein Handballspiel gesehen. Größer ist beim Fußball nur das Publikum. Daher rührt all die Aufregung. Auch der Videobeweis in seiner jetzigen Form hat daran bekanntlich nichts geändert.
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