Les doutes sur le projet de Scholz grandissent

2024-08-23 20:36:07

Statt bilateral Militärhilfe zu leisten, möchte sich die Bundesregierung zukünftig darauf verlassen, dass die Ukraine von den Staaten der G7 und der EU gemeinsam unterstützt wird – und zwar aus russischem Geld. Genauer: Erträge von im Ausland eingefrorenen russischen Vermögen sollen einen 50-Milliarden-Kredit finanzieren, so wurde es auf dem G-7-Gipfel im Juni verabredet. Doch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) erntet Widerspruch, wenn er verkündet, politisch sei das alles „geklärt“ und es gehe nur noch um „technische Fragen“. Vom EU-Außenbeauftragten über deutsche Oppositionspolitiker bis zu Abgeordneten aus Ampel-Fraktionen werden Zweifel geäußert.

Der stellvertretende Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Johann Wadephul, wirft der Regierung vor, dass sie „mit ungedeckten Wechseln“ arbeite. Niemand könne heute garantieren, dass die Erträge aus dem eingefrorenen russischen Vermögen wirklich „zur Verfügung stehen werden“. Der europapolitische Sprecher der Fraktion, Gunther Krichbaum, ergänzt, angesichts der ungeklärten Fragen sei es „unverantwortlich“, dass die Regierung sich bei der Finanzierung künftiger Hilfen für die Ukraine „allein auf diese Mittel stützen“ wolle.

Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, Michael Roth (SPD), hebt ebenfalls hervor, es sei „unklar, wann und in welchem Umfang diese Mittel tatsächlich verfügbar sein werden“. Deshalb sollten die Einnahmen aus russischem Vermögen „nicht anstelle, sondern zusätzlich zur bisherigen bilateralen Militärhilfe fließen“, findet Roth. Der Grünenpolitiker und Vorsitzende der deutsch-ukrainischen Parlamentariergruppe, Robin Wagener, geht nicht ganz so weit. Doch auch er sagt, solange es keine endgültige Einigung zum Umgang mit den eingefrorenen Mitteln gebe, müsse „Deutschland seiner Verantwortung für die Ukraine auf die bisherige Weise gerecht werden“.

Josep Borrell ist „sehr besorgt“

Auch in Brüssel herrscht erhebliches Unbehagen. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Europaparlament, David McAllister, sagt der F.A.Z., die „Implementierung“ des Plans sei „rechtlich und technisch schwierig umzusetzen“. Es sei fraglich, ob die zugesagten Finanzhilfen „noch in diesem Jahr“ kommen könnten. Nicht zuletzt warnt der EU-Außenbauftragte Josep Borrell vor den Folgen eines Scheiterns. Eine Verringerung der deutschen Unterstützung wäre „sehr besorgniserregend“, sagte Borrell am Freitag.

Die Debatte über die weitere Finanzierung der deutschen Ukrainehilfe ist entbrannt, nachdem die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung vergangene Woche enthüllte, dass Berlin bilateral nur noch das liefern wollte, was bereits zugesagt wurde und für die zukünftige Militärhilfe auf die Zinserträge aus dem russischen Geld setzt.

Bundeskanzler Scholz kann sich in seiner optimistischen Einschätzung zugute halten, dass politisch tatsächlich einiges geleistet wurde. Die G- 7-Gruppe der wichtigsten Industriestaaten hatte auf ihrem Gipfel in Italien beschlossen, einen Teil der 260 Milliarden Euro aus den Geldern der russischen Zentralbank, die nach Russlands Großangriff auf die Ukraine weltweit eingefroren wurden, für Kiew nutzbar zu machen.

Technische Fragen? Es geht eher um Grundsätzliches

Das russische Vermögen selbst soll zwar unangetastet bleiben, aber bei einem Teil davon, 173 Milliarden, die vom belgischen Institut Euroclear gehalten werden, sollen über viele Jahre die Kapitalerträge („Windfall Profits“) abgeschöpft werden, die Euroclear mit dem Geld erwirtschaftet – wie viel, hängt von der Marktlage ab, drei Milliarden Euro im Jahr gelten als realistisch. Diese drei Milliarden jährlich sollen „gehebelt“ werden, anders gesagt: Die Staaten der G 7 und der EU nehmen Kredite von zusammen 50 Milliarden Dollar auf und decken die Kosten über viele Jahre mit den Erträgen aus dem russischen Geld. Der Kredit soll Ende des Jahres bereitstehen.

So weit das, was Scholz für „geklärt“ hält. Die „technischen Fragen“ sind allerdings in Wahrheit sehr grundsätzlich. Das beginnt mit der Aufteilung. Wer übernimmt welchen Anteil an den 50 Milliarden? Es kursiert eine Variante, der zufolge die EU und die Vereinigten Staaten je 20 Milliarden Dollar schultern sollten, während Japan, Großbritannien und Kanada – oder auch andere befreundete Staaten wie Norwegen – die übrigen 10 Milliarden unter sich aufteilen.

Vorher muss aber ein großer Stein aus dem Weg geschoben werden. Die russischen Zentralbankguthaben bei Euro­clear in Belgien, auf deren Erträgen der Plan aufbaut, sind durch einen EU-Beschluss eingefroren, der alle sechs Monate erneuert werden muss. Wenn also nicht jedes halbe Jahr alle 27 Mitglieder der Union einer Verlängerung zustimmen, fallen alle Sanktionen gegen Russland mit einem Schlag weg. Wladimir Putin bekäme seine eingefrorenen Milliarden wieder, und die Länder, die mit den Erträgen daraus die Kredite für die ­Ukraine finanzieren wollten, müssten stattdessen eigene Mittel aufwenden, um den Kredit zu tilgen.

Wie Orbán und Fico blockieren können

Im schlimmsten Fall reicht ein Nein der russlandfreundlichen Regierungschefs Viktor Orbán aus Ungarn oder Robert Fico aus der Slowakei. Die USA und Großbritannien verlangen deshalb, dass die EU ihre Regeln ändert und das Risiko durch die Befristung der Sanktionen wegräumt. Die Regierung Scholz weiß das natürlich. In einem sogenannten Drahtbericht der deutschen Vertretung bei der EU nach Berlin vom 24. Juli, welcher der F.A.Z. vorliegt, heißt es unmissverständlich, die „G-7-Partner“ (also vor allem die USA) würden an dem gemeinsamen 50-Milliarden-Dollar-Projekt nur teilnehmen, wenn „ausreichend rechtliche Zusicherungen“ gemacht würden, dass die Erträge aus russischem Vermögen „langfristig und verlässlich“ zur Verfügung stehen.

Brüsseler Insider erläutern die Sorgen der Amerikaner und anderer in der G-7-Gruppe folgendermaßen: Diese Länder müssten ansonsten ihre Parlamente einschalten, bevor sie der Ukraine Kredite geben. Wenn alle sechs Monate theoretisch ein Zahlungsabriss drohe, machten sich zum Beispiel die USA von Ungarn abhängig. Wenn dagegen klar sei, dass das Geld auf lange Sicht verlässlich flösse, müsse man in Amerika und anderswo die Parlamente nicht einbeziehen. Vor allem in Washington wiege das schwer. Mitten im Wahlkampf wäre es aus Sicht der Regierung Biden schwierig, „grünes Licht vom Kongress zu bekommen“. Dort haben zumindest im Repräsentantenhaus Donald Trumps Republikaner das Sagen, und die haben schon im vergangenen Jahr ein Unterstützungspaket für die Ukraine über Monate blockiert.

Die Debatte darüber, wie die EU den USA diese Sorgen nehmen kann, ist in vollem Gange. Kurz vor der Sommerpause, Ende Juli, hat die EU-Kommission ein „Non-Paper“, eine Art Diskussionspapier, vorgelegt. Es enthält zwei Optionen. Die erste sieht vor, dass die EU das russische Zentralbankgeld „unbegrenzt“ einfriert. Die Aufhebung würde an das Ende der russischen Aggression und an russische Kompensationszahlungen geknüpft. Damit stünde so oder so Geld zur Bedienung des Ukraine-Kredits zur Verfügung. Die zweite Option geht nicht ganz so weit, das Vermögen würde aber immer noch für längere Zeit „immobilisiert“. In dem Papier ist von 18, 24 oder 36 Monaten die Rede. In der Kommission gibt man sich zuversichtlich, auf dieser Basis eine Lösung zu finden. Die Debatte sei bisher relativ reibungslos verlaufen, heißt es dort.

Kompromiss schwierig zu erreichen

Das allerdings ist nur die halbe Wahrheit. Wie aus dem internen Bericht der deutschen EU-Botschaft über die Aussprache der Botschafter über das Papier hervorgeht, stießen beide Vorschläge zwar auf Unterstützung. Die baltischen Staaten, Polen, Rumänien und die Tschechische Republik warben für die erste Variante. Deutschland sprach sich mit Frankreich und anderen für die zweite aus. Die erste Variante sei rechtlich schwierig, argumentierten sie. Das käme einer Enteignung Russlands näher, und Russland könnte vor dem Europäischen Gerichtshof dagegen klagen.

Es gibt aber einen Haken: In dem Bericht heißt es, die Slowakei habe nicht dezidiert Stellung genommen, stattdessen aber die Notwendigkeit unterstrichen, „beim System der Einstimmigkeit zu bleiben“. „Es gehe um eine starke Rechtsposition des Rates“, heißt es weiter. Das klingt arglos, lässt sich aber so interpretieren, dass die Slowakei an der Sechsmonatsfrist nicht rütteln will. So zumindest lesen es einige Diplomaten. Damit wäre die von den USA verlangte Änderung des Sanktionsregimes vom Tisch, denn sie kann nach den Regeln der EU nur einstimmig beschlossen werden. Wie sich Ungarn positioniert, das die Russland-Sanktionen der EU wiederholt ausgebremst hat, wäre gar nicht mehr entscheidend. Bisher hat sich die Regierung in Budapest nicht klar geäußert. Diplomaten rechnen aber mit „Querschüssen“ von dort. In Brüssel heißt es ohnehin, es sei davon auszugehen, dass sich Ungarn und die Slowakei abgestimmt hätten.

Beide mit einem Kompromiss an Bord zu holen dürfte nicht leicht sein. Die Zahl der Optionen sei begrenzt, sagt ein Kommissionssprecher. In Berlin und Brüssel wird die Bedeutung der Verlängerung der Sechsmonatsfrist entsprechend schon heruntergespielt. Am Ende sei die Erneuerung der Sanktionen doch immer durchgelaufen, heißt es. Im Übrigen wäre es auch nicht im Interesse der Ungarn oder Slowaken, die Finanzierung des 50-Milliarden-Kredits aus den Kapitalerträgen des immobilisierten russischen Vermögens zu torpedieren. Denn dann müssten auch sie selbst für den europäischen Anteil an der Finanzlücke geradestehen.

Klären muss die EU auch noch, wie sie ihren Anteil am 50-Milliarden-Kredit konkret ausgestaltet und wie sie die Kapitalerträge für den Kredit verfügbar machen will. Auch wie sich Haftung und Tilgung gestalten, ist noch unklar. Die EU-Kommission werde im September Vorschläge vorlegen, heißt es in Brüssel. Das ist durchaus technisch anspruchsvoll, wie Scholz sagt. An sich steht die Rechtsgrundlage für das Abschöpfen der Kapitalerträge zwar seit Mai. Am 26. Juli hat die EU der Ukraine erstmals 1,55 Milliarden Euro daraus der Ukraine zur Verfügung gestellt. Wenn das Geld jetzt aber zur Bedienung eines 50-Milliarden-Kredits verwendet werden soll, muss es umgewidmet werden.

Die Biden-Regierung pocht auf Tempo

Hier lauern noch einige Fallstricke. Frankreich etwa fordere, dass die Ukraine mit dem Kredit auch Waffen in der EU bestellen müsse. Anders als die Sechsmonatsfrist birgt dieser Aspekt politisch allerdings wenig Gefahren. Denn die Umwidmung – so wird es der Vorschlag der Kommission nach Informationen der F.A.Z. vorsehen – kann per qualifizierter Mehrheit auf Basis des EU-Haushalts erfolgen. Ungarn und die Slowakei könnten ihn also nicht einfach blockieren.

Zu einem Problem könnte allerdings der enorme Zeitdruck werden. Die USA forderten Klarheit vor der Präsidentenwahl am 5. November, berichten Diplomaten. Der Kommissionsvorschlag hat sich allerdings schon verzögert. Diplomaten hatten mit einem Vorschlag Ende August gerechnet, um dann direkt nach der Sommerpause, in der Sitzung der EU-Botschafter am 4. September, darüber diskutieren zu können. Dieser Zeitplan ist wohl nicht mehr zu halten. Entsprechend warnen manche Beteiligte auch schon, die Auszahlung des Geldes könne sich über das Jahresende hinaus verzögern.

Dabei braucht auch die Ukraine schnell Klarheit. Sie müsse sicherstellen, dass der Haushalt für das kommende Jahr ausreichend finanziert sei, sagt Olena Halushka vom International Center for Ukrainian Victory, einer Nichtregierungs­organisa­tion, die sich für die Nutzung beschlagnahmten russischen Vermögens einsetzt. Ansonsten drohe ein vorläufiger Stopp des Ukraine-Programms des Internationalen Währungsfonds (IWF).



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