2024-07-12 00:23:54
Der für Donnerstagabend geplante Besuch des ungarischen Ministerpräsiden Viktor Orbán beim republikanischen Präsidentschaftskandidaten Donald Trump hat schon vorher zu Distanzierungen und Kritik geführt. „Wichtig ist, dass sich alle darüber klar sind: Der ungarische Ministerpräsident agiert als solcher und nicht in den Aufgaben, die Ungarn im Rahmen der Ratspräsidentschaft für ein halbes Jahr hat“, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Donnerstag am Rande des NATO-Gipfels in Washington.
Orbán wollte im Anschluss an das Treffen nach Florida weiterreisen, um Trump in seinem Anwesen Mar-a-Lago zu treffen. Mehrere US-Medien berichteten mit Verweis auf Quellen im Umfeld Trumps über diese Pläne. Der ungarische Ministerpräsident hatte zuvor mit Besuchen in Moskau und Peking den Zorn seiner Kollegen auf sich gezogen. Ungarn übt seit 1. Juli den Vorsitz im Ministerrat der EU aus. Viele Staaten glauben, dass Orbán diese Rolle nun egoistisch ausnutzt, um möglichst viel Aufmerksamkeit zu erzeugen. Der Ratsvorsitz müsse vielmehr „ehrlicher Makler“ sein, hatte der Präsident des Europäischen Rats Charles Michel am Dienstag gemahnt.
„Er ist fantastisch“
Orbán hatte Trump zuletzt im März in Mar-a-Lago besucht, wo er fürstlich empfangen worden war, unter anderem mit einem Konzert. „Es gibt niemanden, der besser, klüger oder ein besserer Führer ist als Viktor Orbán“, hatte Trump seinerzeit gesagt. „Er ist fantastisch.“ Sie seien beide nach seinem Ausscheiden aus dem Weißen Haus in Kontakt geblieben. Orbán stellte die ungarische Ratspräsidentschaft unter das Motto „Make Europe Great Again“ – in Anspielung an den Wahlkampfslogan Trumps von 2016 „Make America Great Again“.
Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) sagte auf eine Frage zu Orbáns Besuch bei Trump, dass der EU-Außenbeauftragte die Union nach außen repräsentiere. „Und wenn man dann anders agiert, dann ist es klar, dass alle anderen nicht nur irritiert sind, sondern deutlich machen, dass das nicht die Haltung der Europäischen Union ist.“ Der litauische Außenminister Gabrielius Landsbergis schrieb auf der Plattform X: „Herr Orbán missbraucht vielleicht die Position der EU-Ratspräsidentschaft, aber er vertritt gewiss weder die NATO noch die EU. Er spricht nicht für mein Land oder für irgendein anderes Land außer sein eigenes.“
Kritik von Kristersson
Der schwedische Ministerpräsident Ulf Kristersson warf Orbán in Washington vor, er missbrauche die Ratspräsidentschaft und kidnappe sie für seine Zwecke. Schweden will deshalb zunächst keine Minister mehr zu informellen Räten schicken, die stets im Land der Ratspräsidentschaft abgehalten werden, wie die Europaministerin Jessica Roswall ankündigte. Stattdessen werde das Land nur auf Beamtenebene vertreten sein. Ähnlich würden Finnland, Polen und die drei baltischen Staaten reagieren. Im Raum steht die Drohung, auch das informelle Gymnich-Treffen der EU-Außenminister Ende August zu boykottieren.
Die EU-Außenminister berieten während des NATO-Gipfels bilateral und in kleineren Gruppen über die richtige Antwort auf die Herausforderung durch Orbán. Dabei wurde auch die Ansicht vertreten, dass es besser sei, Orbán zu ignorieren, statt ihm jedesmal Aufmerksamkeit zu schenken. Deutlich wurde zudem, dass sich die EU-Staaten mit einer einheitlichen Linie schwer tun. So machte etwa Kroatien schon deutlich, dass es auf jeden Fall an Treffen im Nachbarland Ungarn teilnehmen werde.
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