2025-01-17 18:18:00
Zum Reisegepäck gehört eine riesige Portion Selbstvertrauen. „Ich gewinne lieber 4:3 als 1:0“, sagt André Breitenreiter vor der Abfahrt zum Auswärtsspiel bei Jahn Regensburg. Der neue Trainer von Hannover 96, das in der Hinrunde der zweiten Fußball-Bundesliga sehr heimstark und extrem auswärtsschwach gespielt hat, geht demonstrativ mit breiter Brust voran. Risiken? Bedenken? Zweifel? Wischt er beiseite.
„Es ist möglich, aufzusteigen“, sagt Breitenreiter im Auftrag eines Vereins, der große Sehnsucht nach einer Rückkehr in Liga eins verspürt. Laut zu klappern erscheint Breitenreiter sinnvoller, als sich im Duell mit dem 1. FC Köln, dem Hamburger SV oder Fortuna Düsseldorf kleiner als nötig zu präsentieren. Voller Mut tritt er mit Hannover 96 die Flucht nach vorne an.
„Geht darum, den Erfolg wahrscheinlicher zu machen“
Richtig ist: Im bisherigen Saisonverlauf hat es kein Team in der zweiten Bundesliga geschafft, sich konstant an der Tabellenspitze zu behaupten oder sogar abzusetzen. Das mag an einer großen Ausgeglichenheit in der oberen Tabellenhälfte oder an Qualitätsmängeln liegen. Wenn Hannover 96 an diesem Freitag in Regensburg (18.30 Uhr im F.A.Z.-Liveticker zur zweiten Bundesliga und bei Sky) die Rückrunde eröffnet, setzt sich eine Mischung aus Schneckenrennen und Kräftemessen fort.
Als Tabellensiebter und in Sichtweite zu den Aufstiegsplätzen haben sich die Niedersachsen den Luxus erlaubt, Anfang des Jahres ihren bisherigen Trainer Stefan Leitl zu entlassen und durch Breitenreiter zu ersetzen. „Es geht darum, den Erfolg wahrscheinlicher zu machen. Wir haben angefangen anzupacken“, erklärt Sportdirektor Marcus Mann eine Personalie, die bundesweit aufhorchen ließ und doch zu diesem chronisch unruhigen Verein in Hannover passt. Seit fast sechs Jahren hofft 96 voller Ungeduld darauf, wieder Deutschlands höchster Spielklasse angehören zu dürfen.
Breitenreiter ist es offensichtlich völlig egal, ob seine Mutoffensive die Konkurrenz aufrüttelt und zusätzlich aktiviert. Im Alter von 51 Jahren versichert der in der Region Hannover aufgewachsene Trainer, dass seine gesammelte Erfahrung längst die Nervosität vor großen Aufgaben verdrängt habe. 1700 Fans werden Hannover 96 zum Auswärtsspiel in das ferne Regensburg begleiten. Die Mehrheit von ihnen wird sich durch Breitenreiters Ansagen wachgeküsst und ermutigt fühlen.
Analytisch und optimistisch
Das Risiko, sich selbst und den gesamten Verein mit einer zu hohen Erwartungshaltung zu belasten, sieht der frühere Profi nicht – und stellt Vergleiche zu den Pionieren des Menschenfluges, von Handys und Computern an. „Große Erfinder galten auch als verrückt und größenwahnsinnig“, sagt der neue Vordenker von Hannover 96. Breitenreiter will deshalb fest an das glauben, was er sich vornimmt und seine Überzeugung auf alle Spieler übertragen.
Breitenreiters Vita belegt, dass er in der Lage ist, zu überraschen und mitzureißen. Mit dem FC Zürich ist ihm 2022 völlig überraschend der Meistertitel in der Schweiz gelungen. Wie zuvor schon den SC Paderborn hat er auch seinen Heimatverein Hannover 96 in die Erste Bundesliga geführt, ehe er 2019 entlassen wurde. Schalke 04, die TSG Hoffenheim und der englische Drittligaklub Huddersfield Town waren für ihn Stationen mit überschaubarem Erfolg.
Was Breitenreiter stark macht, ist seine Gabe, den Blick stets optimistisch nach vorne zu richten und sehr analytisch vorzugehen. Ihm war wichtig, die Spieler von Hannover 96 im Wintertrainingslager im türkischen Ort Belek mit Reizen zu überfluten und zu Entscheidungen unter Hektik zu bringen. Vom Stress in die Routine zu kommen, das ist eine Komponente, die im Kampf um die Aufstiegsplätze in der zweiten Liga den Unterschied ausmachen soll.
Es hätte eine gewisse Logik, wenn Hannover 96 parallel zum Vorpreschen seines neuen Trainers auch kaufmännisch in die Offensive gehen würde. Dank der Hilfe von millionenschweren Mäzenen wie Martin Kind und Dirk Roßmann wäre es durchaus möglich, sich kurz- und langfristig deutlich zu verstärken. Aber bis auf den vom SC Freiburg ausgeliehenen Kenneth Schmidt und Boris Tomiak vom 1. FC Kaiserslautern hat es während der Winterpause keine weiteren Zugänge gegeben.
Breitenreiter ist ohnehin der Meinung, dass die beste Basis für Erfolg aus Einsatzbereitschaft, Harmonie, und Mut besteht. Welchen Zaubertrank er auch immer in der Kabine von Hannover 96 ausschenkt: Eine große Prise Überzeugungskraft wird dabei zum Einsatz kommen. „Meine Mannschaften sind immer offensiv ausgerichtet“, versichert Breitenreiter, der seit 14 Tagen ein Team verantwortet, das in seinen bisherigen acht Auswärtsspielen sieben Tore erzielt und fünf Punkte erkämpft hat.
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