2025-01-12 19:36:00
Homosexuelle Männer dürfen künftig in Italien Priesterseminare besuchen und sich zu katholischen Geistlichen ausbilden und weihen lassen. Das gilt, sofern sie ihre sexuelle Orientierung weder praktizieren noch zur Schau stellen. Ein entsprechendes Dokument hat die katholische Bischofskonferenz Italiens (CEI) jetzt veröffentlicht.
Das zuständige Dikasterium im Vatikan hat dem Vernehmen nach keine Einwände geltend gemacht. Die neuen Bestimmungen wurden offenkundig auf Bestreben von Kardinal Matteo Zuppi, dem Vorsitzenden der CEI und einem engen Vertrauten von Papst Franziskus, vom Sekretariat der Bischofskonferenz erarbeitet.
Dürfen „homosexuelle Kultur“ nicht verbreiten
In den neuen Richtlinien zur Priesterausbildung heißt es, wenn im Ausbildungsprozess von Seminaristen von „homosexuellen Neigungen die Rede“ sei, dürfe dabei nicht nur die spezifische sexuelle Orientierung betrachtet werden, sondern es müsse wie bei allen Priesteramtskandidaten die „Bedeutung dieser Orientierung im Gesamtrahmen der Persönlichkeit des jungen Menschen erfasst“ werden. Danach bleiben homo- wie heterosexuell orientierte Seminaristen gleichermaßen zur Keuschheit verpflichtet.
Die italienischen Bischöfe werben in dem 68 Seiten umfassenden Dokument für offene Diskussionen in den Ausbildungskursen. Einem Kandidaten müsse es ermöglicht werden, „sich seiner selbst, seiner Persönlichkeit und aller Teile, die zu ihrer Definition beitragen, einschließlich seiner Sexualität und seiner Orientierung, immer bewusster zu werden, um sie zu integrieren und mit ausreichender Freiheit und Gelassenheit zu handhaben“, heißt es.
Ob die neuen Richtlinien tatsächlich eine Lockerung des Zugangs für Homosexuelle in Italien und anderswo zum Priesteramt bedeuten, ist fraglich. Denn für den Vatikan insgesamt bleibt es bei den 2016 veröffentlichten Richtlinien, wonach „praktizierende Homosexuelle“ sowie Männer, die „tief sitzende homosexuelle Tendenzen haben oder eine sogenannte homosexuelle Kultur unterstützen“, grundsätzlich von der Priesterausbildung ausgeschlossen sind.
Franziskus beklagte sich über „Schwuchtelei“
Zuletzt hatte Papst Franziskus bei einem Treffen mit italienischen Bischöfen im Mai eine Kultur der „Schwuchtelei“ (frociaggine) in den Priesterausbildungsstätten des Landes beklagt und die Bischöfe aufgefordert, der weiteren Ausbreitung dieser Kultur Einhalt zu gebieten. Das von Franziskus verwendete Wort, für dessen Gebrauch sich der Papst später entschuldigte, leitet sich von dem Vulgärbegriff „froci“ für homosexuelle Männer ab.
Entgegen dieser homophoben Entgleisung hatte sich Franziskus wenige Wochen nach seiner Papstwahl vom März 2013 mit folgenden Worten zur Frage der Homosexualität geäußert: „Wenn jemand schwul ist und den Herrn sucht und guten Willens ist, wer bin ich, ihn zu verurteilen?“ Ernsthafte Versuche, die Kirchenlehre und den Katechismus dahin gehend zu ändern, dass homosexuelle Handlungen nicht länger als von Natur aus „in sich nicht in Ordnung“ gebrandmarkt werden, hat Franziskus aber nicht unternommen.
Warum die CEI, die seit Mai 2022 von Kardinal Zuppi geführt wird, ihre Richtlinien zur Priesterausbildung gerade jetzt angepasst hat, ist unklar. Vor allem Interessenverbände von Opfern sexualisierter Gewalt durch Priester und Mitarbeiter der katholischen Kirche in Italien fordern seit Langem, dass endlich auch in Italien eine systematische Aufarbeitung des jahrzehntelangen Missbrauchsskandals beginnt. Im Vergleich zu anderen europäischen Ländern und zumal den USA hinkt Italien nicht nur bei der Aufarbeitung, sondern auch bei der Erarbeitung von Strukturen zur Vermeidung sexualisierter Gewalt in der Kirche hinterher.
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