2024-06-18 09:32:15
NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg hat bekräftigt, dass die Allianz eine „führende Rolle“ übernehmen werde, Militärhilfe für die Ukraine zu leisten. Nach einem Treffen mit dem amerikanischen Präsidenten Joe Biden sagte er am Montag im Weißen Haus, er erwarte, dass die NATO sich auf ihrem Gipfeltreffen im Juli in Washington verständigen werde, die Ausbildung der ukrainischen Soldaten zu koordinieren. Er rechne damit, dass die Mission von einem 3-Sterne-General geleitet werde. Es werde wohl von Wiesbaden aus geschehen, wo die US Army in Europa, die bislang die Ausbildung der Ukrainer koordiniert, ihr Hauptquartier hat. Dies sei wichtig auch als Lastenausgleich für die Amerikaner, sagte Stoltenberg.
Stoltenberg und Biden hoben bei ihrem Treffen im Oval Office hervor, dass im Vergleich zu 2020 inzwischen doppelt so viele NATO-Mitgliedstaaten das Zwei-Prozent-Ziel erfüllten. 23 der 32 Mitgliedstaaten erfüllten die Quote, die sich an der Wirtschaftsleistung der jeweiligen Länder orientiert. Die NATO-Verbündeten erhöhten ihre Verteidigungsausgaben in diesem Jahr um 18 Prozent, fügte er hinzu. Das sei der größte Anstieg seit Jahrzehnten.
Tatsächlich sind es sogar 24 Staaten, wie aus der jährlichen Aufstellung zu den Verteidigungsausgaben hervorgeht, welche die NATO kurz nach Stoltenbergs Äußerung verschickte. Auch Deutschland erfüllt demnach erstmals das Zwei-Prozent-Ziel, und zwar deutlich: mit 2,12 Prozent. Dem entsprechen Ausgaben in Höhe von 90,6 Milliarden Euro, ein steiler Anstieg im Vergleich zu 2023, wo es 67,6 Milliarden Euro waren. Hier schlägt zu Buche, dass im laufenden Jahr erstmals signifikante Mittel aus dem Sondervermögen von 100 Milliarden Euro ausgegeben werden. Auch Frankreich schafft mit 2,06 Prozent den Sprung über die Hürde. Unter den acht Staaten, die das nicht schaffen, stechen drei große heraus: Italien (1,49), Kanada (1,37) und Spanien (1,28). Alle Angaben beruhen auf Schätzungen.
„Glaubwürdige und dauerhafte“ Unterstützung
Der NATO-Generalsekretär dankte Biden für sein Engagement für die transatlantische Allianz. Biden sagte, die Zusammenarbeit in der Allianz führe dazu, weitere Aggressionen von Russland abzuschrecken. Vor dem Treffen hatte Stoltenberg gesagt: „Es mag paradox erscheinen, aber der Weg zum Frieden führt über mehr Waffen für die Ukraine“. Die Regierung in Kiew müsse „glaubwürdig und dauerhaft“ unterstützt werden. Zur Rolle Chinas sagte er, die Volksrepublik gebe vor, neutral zu sein. Damit wolle Peking „Sanktionen vermeiden und den Handel am Laufen halten“. Die Realität sei aber, „dass China den größten bewaffneten Konflikt in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg anheizt und gleichzeitig gute Beziehungen zum Westen aufrechterhalten will”. Dies dürfe der Westen nicht hinnehmen. Peking könne nicht beides haben. Es müsse „Konsequenzen“ geben. Die engsten Freunde und größten Unterstützer des russischen Aggressionskrieges seien „Nordkorea, Iran und China“.
Stoltenbergs Besuch beim wichtigsten Verbündeten ist Teil der politischen Abstimmung vor dem NATO-Gipfeltreffen, das vom 9. bis 11. Juli in der amerikanischen Hauptstadt stattfinden wird. Die Allianz will dann auch ihre Gründung vor 75 Jahren würdigen. Politisch geht es vor allem um neue Zusagen für die Ukraine und Beschlüsse zur Umsetzung der neuen Verteidigungspläne.
Nachfolger für Stoltenberg muss gefunden werden
Außerdem soll spätestens in Washington der Nachfolger für Stoltenberg ernannt werden. Alles läuft auf den Niederländer Mark Rutte hinaus, der von 29 der 32 Mitgliedstaaten unterstützt wird. Allerdings steht ihm noch der rumänische Präsident Klaus Johannis im Weg. Die Verbündeten bemühen sich seit Monaten, Johannis davon zu überzeugen, dass er seine aussichtslose Kandidatur zurückzieht.
Neben der Personalfrage betrifft der wichtigste noch offene Punkt die Zusage mittelfristiger Militärhilfe für Kiew. Stoltenberg dringt darauf, dass die Verbündeten „mindestens das Niveau aufrechterhalten, das wir bisher geleistet haben“, wie er vorige Woche beim Treffen der NATO-Verteidigungsminister erläuterte, nämlich „ein Minimum von 40 Milliarden pro Jahr“. Eine Währung nannte er nicht, es könnten Dollar oder Euro sein. Außerdem spezifizierte der Norweger, dass alle Verbündeten gemäß ihrer Wirtschaftskraft dazu beitragen sollen. „Die USA werden dann für 50 Prozent dieser Verpflichtung verantwortlich sein“, sagte er, „und der Rest wird zwischen Kanada und den europäischen Verbündeten aufgeteilt“.
Um diesen Plan wird jedoch noch heftig gerungen. Der italienische Verteidigungsminister Guido Crossetto wies ihn beim Treffen vorige Woche offen zurück. Auf Italien kämen dann 3,5 Milliarden Euro zu, sagte er und fügte hinzu: „Ich bin es nicht gewohnt, Verpflichtungen einzugehen, von denen ich weiß, dass ich sie nicht erfüllen kann.“ Nach Angaben des Kieler Instituts für Weltwirtschaft beläuft sich die Militärhilfe Italiens für die Ukraine seit Kriegsbeginn auf lediglich eine Milliarde Euro. Auch Spanien und Frankreich, die im Verhältnis viel weniger leisten als andere Staaten, wollen sich nicht weiter unter Druck setzen lassen.
Die USA erfüllen dagegen schon jetzt ihren Anteil. Gemäß der Kieler Rechnung haben sie von Januar 2022 bis April 2024 insgesamt Militärhilfe in Höhe von 50,4 Milliarden Euro an Kiew geleistet. Als sicher gilt allerdings, dass ein Präsident Donald Trump diese Ausgaben stark vermindern, wenn nicht einstellen würde. Eine Zeitlang war daher in der NATO erwogen worden, die mittelfristige Zusage am NATO-Schlüssel auszurichten, nach dem sich der Haushalt des Bündnisses bemisst. Der sieht für die USA lediglich 16 Prozent vor – Trump hatte in seiner ersten Amtszeit eine Senkung durchgesetzt, wodurch die USA und Deutschland nun denselben Betrag einzahlen. Allerdings erschien es unrealistisch, den Südeuropäern noch höhere Beiträge für Kiew abzuverlangen, wie der Widerstand gegen den BIP-Schlüssel zeigt.
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