Pourquoi les Allemands ont peur de l’inflation

2024-10-10 22:03:00

Einmal im Jahr befragt der Versicherer R+V aus Wiesbaden die Menschen in Deutschland, wovor sie Angst haben. In persönlichen Gesprächen werden jeweils 2400 Männer und Frauen von 14 Jahren an interviewt. Danach wird verglichen, wie viel Prozent der Befragten vor etwas Angst haben und ob das Angstniveau insgesamt sich verändert hat. Das Ergebnis in diesem Jahr: Das Angstniveau insgesamt ist ein wenig zurückgegangen. Allerdings haben unterschiedliche Ängste im Zusammenhang mit der Migration zugenommen. Auf dem ersten Platz aber liegt die Angst vor steigenden Lebenshaltungskosten – die Sorge über Inflation.

Das ist auch deshalb bemerkenswert, weil die Inflationsrate in Deutschland gerade das niedrigste Niveau seit Langem erreicht hat. Nach einer Schätzung des Statistischem Bundesamtes belief sie sich im September auf 1,6 Prozent, im August betrug sie 1,9, im Juli 2,3 Prozent. So niedrig war sie seit der Pandemie nicht mehr.

Wie passt das zusammen? Haben die Deutschen sich so an die Teuerungswelle gewöhnt, dass sie gar nicht merken, dass sie vorbei ist? Haben sie grundsätzlich immer Angst vor Inflation? Oder mag es trotz der aktuell niedrigen Inflation doch gute Gründe dafür geben, sich vor einer höheren Inflation in der Zukunft zu fürchten?

In der Vergangenheit gab es oft die Situation, dass die Menschen in ihrem täglichen Leben die Teuerung stärker wahrnahmen, als die offizielle Inflationsrate es abbildete. Man sprach von der „gefühlten“ oder „wahrgenommenen“ Inflation. Der mittlerweile verstorbene Professor Wolfgang Brachinger hatte einen eigenen Index dafür berechnet, auch das Statistische Bundesamt beschäftigte sich zeitweise mit dem Thema. Nur: Aktuell ist auch die Teuerung bei „kaufhäufigen“ Gütern, wie die Ökonomen es nennen, die im Alltag eine große Rolle spielen, wieder zurückgegangen. Die Preissteigerungen für Lebensmittel betragen im Durchschnitt noch 1,5 Prozent; das Tanken ist gegenüber dem Vorjahr sogar um 12,5 Prozent billiger geworden.

Denkbar wäre, dass die Inflation zwar im Moment sehr niedrig ist, dass das aber nicht lange so bleibt. Dann misstrauten die Leute vielleicht zu Recht der aktuellen Inflationsrate. Immerhin gibt es einige Anzeichen dafür, dass die Rate schon im Oktober wieder leicht steigen könnte und im November und Dezember noch höher ausfällt.

Selbst Christine Lagarde, die Präsidentin der Europäischen Zentralbank, warnte vorsichtshalber schon einmal: „Die Inflation könnte im vierten Quartal dieses Jahres vorübergehend ansteigen, da die zuvor stark gesunkenen Energiepreise aus den jährlichen Raten herausfallen.“ Aber dabei geht es um einen graduellen Anstieg – nicht um dramatische Raten, die einen nun in Angst und Schrecken versetzen sollten.

Relevanter ist sicher die Frage, wie es auf etwas längere Sicht weitergehen könnte mit der Teuerung. Das ist unter Ökonomen umstritten. Es gibt aber immerhin die Theorie, dass die Inflation nicht mehr auf ihr niedriges Niveau aus der Vor-Pandemie-Zeit zurückkehrt, sondern künftig strukturell etwas höher liegen könnte. Der britische Ökonom Charles Goodhart hat mit dieser These für Aufmerksamkeit gesorgt. Seither wird über mögliche Gründe diskutiert.

Die demographische Entwicklung etwa könnte zu einem knapperen Arbeitskräfteangebot und höheren Löhnen und Preisen führen. Zudem könnte die grüne Transformation über CO2-Preise zeitweise die Energie verteuern. Außerdem könnten geopolitische Risiken häufiger als früher für Preisschocks sorgen. Handelskonflikte könnten zudem über neue Zölle die Warenpreise hochtreiben. Und eine mögliche Deglobalisierung als Antwort auf die Lieferkettenprobleme der Pandemie könnte die kostendrückende Globalisierung der Industriebranchen ablösen.

Preisdruck muss nicht gleich Inflation heißen

Bundesbankpräsident Joachim Nagel räumte unlängst ein, solche Effekte könnten möglicherweise Preisdruck auslösen – ob daraus aber Inflation werde, das habe die Geldpolitik in der Hand. Wenn der Inflationsdruck steige, wäre es Aufgabe der Notenbank, die Inflation zu bekämpfen. Vieles hängt also daran, ob man der EZB zutraut, dass sie gegebenenfalls ausreichend konsequent gegensteuert.

Immerhin als Möglichkeit bringen Ökonomen wie Friedrich Heinemann vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung ins Spiel, dass es künftig Situationen geben könnte, in denen die Notenbank ihr Ziel nicht streng genug verfolgt – zum Beispiel, wenn es durch die steigenden Staatsschulden irgendwann zu einem „Zielkonflikt zwischen drohenden Staatsschuldenkrisen und Inflationsbekämpfung“ kommt.

Bei wieder normaler Konjunktur werde sich die Inflation nach seinen Erwartungen von 2026 an bei etwa 2,5 Prozent einpendeln, meint dagegen Holger Schmieding, Chefvolkswirt des Bankhauses Berenberg. Aber die Sorgen der Bürger bezögen sich wohl nicht so sehr auf diesen Ausblick: „2,5 Prozent Inflation ist kein Schreckensszenario.“ Den Bürgern stecke wohl vor allem der explosionsartige Anstieg der Energie- und Nahrungsmittelpreise im Zuge des russischen Überfalls auf die Ukraine in den Knochen. Manchen befürchteten wohl, dass sich so etwas wiederholen könne.

„Die sehr hohen Inflationsraten der Jahre 2022 und 2023 haben das Thema wieder auf Platz eins der Angst-Rangliste gehoben“, meint auch Michael Holstein, Chefvolkswirt der DZ Bank. Menschen neigten gemeinhin dazu, Risiken überzugewichten, die sie gerade erst erlebt hätten, erklärt Karsten Junius, Ökonom der Schweizer Bank J. Safra Sarasin.

Vieles scheint aber auch dafür zu sprechen, dass die Angst vor Inflation in Deutschland einfach grundsätzlich stärker ausgeprägt ist als in manchen anderen Ländern. In der Umfrage der R+V, die es seit 32 Jahren jährlich gibt, lag die Inflation immerhin in 14 Jahren unter allen Ängsten auf dem ersten und in sieben Jahren auf dem zweiten Platz.

Auch die besondere Liebe der Deutschen zum Gold als Geldanlage könnte ein Zeichen für die Angst vor Inflation und sonstigen Katastrophen sein. „Historisch gesehen haben die Deutschen eine tiefe Verwurzelung in der Idee, dass Gold einen sicheren Hafen darstellt“, sagt Alexander Zumpfe, Goldfachmann beim Edelmetallkonzern Heraeus: „Diese Affinität hat ihre Wurzeln auch in der deutschen Geschichte, etwa in den Erfahrungen mit der Hyperinflation in den 1920er Jahren oder mit den Währungsreformen.“

Der Göttinger Angstforscher Borwin Bandelow verortet die Entstehung der „German Angst“ sogar in noch früheren Zeiten. In Urzeiten mit kalten Wintern hätten hierzulande nur diejenigen überlebt, die vorausschauend hätten denken können und sich einen großen Vorrat für den Winter angelegt hätten: „Die Mutigen, die gedacht haben, es wird schon gutgehen, sind einfach verhungert“, sagt der Professor. Das sei eine Art „natürliche Auslese der Ängstlichen“ gewesen.

Teuerungswelle wirkt offenbar in Deutschland stärker nach

Womöglich hat die Inflationswelle der zurückliegenden Jahre seit der Pandemie die Deutschen vor dem Hintergrund ihrer generellen Aufmerksamkeit für dieses Thema auch stärker berührt als die Menschen in manchen anderen Ländern. Was zumindest zu beobachten war, ist, dass die Deutschen im Vergleich etwa zu den Amerikanern das im Lockdown angesparte Geld nicht so schnell wieder auf den Kopf gehauen haben.

In beiden Ländern war die Sparquote 2020 auf mehr als 20 Prozent gestiegen. In Amerika beläuft sie sich nun nur noch auf 5,2, in Deutschland wieder auf 11,3 Prozent.

„Die privaten Haushalte in Deutschland halten sich beim Shoppen zurück und erhöhen stattdessen ihre Sparquote – anders verhält es sich in den Vereinigten Staaten, wo die Ausgabenfreude der Verbraucher scheinbar ungebrochen ist“, sagt Michael Stappel, Ökonom der DZ Bank, der sich gerade in einer Studie ausgiebig mit diesem Thema beschäftigt hat. Der Anstieg der Lebenshaltungskosten wirke in Deutschland offenkundig „stärker nach“.



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