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Quelles insultes les politiques doivent-ils subir ?

by Nouvelles

2025-01-15 18:45:00

Vor siebzehn Jahren beleidigte Nicolas Sarkozy einen Mann mit den Worten: „Hau ab, du Idiot!“ Es war ein Besucher der Landwirtschaftsschau in Paris, den der damalige Präsident anging. Zuvor hatte der Mann ihm den Handschlag verweigert. „Oh nein, mich nicht anfassen“ und: „Du beschmutzt mich“, hatte er gesagt. Sarkozy verlor die Fassung und sorgte mit seiner Beleidigung international für Empörung.

Als der Präsident nur wenige Monate später die westfranzösischen Stadt Laval besuchte, war es Sarkozy, der beleidigt wurde – mit seinen eigenen Worten. Ihn empfing nämlich unter anderem ein Sozialarbeiter, der ein Plakat vorbereitet hatte. Aufschrift: „Hau ab, du Idiot!“ Der Mann wurde festgenommen und musste wegen „Beleidigung des Staatschefs“ eine Geldstrafe in Höhe von dreißig Euro zahlen.

Zwischen Hass und Harmlosigkeit

Darf ein einfacher Bürger für etwas belangt werden, wenn doch ein Politiker straffrei ausgeht, der dasselbe tut? Das ist eine Frage, die gerade auch in Deutschland wieder aktuell ist. Dass die Debatte über die Beleidigung von Politikern und die angemessene Reaktion darauf zuletzt wieder hochgekocht ist, hat vor allem zwei Gründe:

Erstens: In den sozialen Netzwerken ist keine lange Suche notwendig, um zu lesen, wie Politiker beleidigt, verleumdet oder gar bedroht werden. Vieles davon ist schlimm, einiges strafrechtlich relevant, das meiste mindestens unangebracht.

Zweitens: Manche Politiker gehen immer härter dagegen vor. Auch gegen solche Beleidigungen, die sich – wie das Plakat des Franzosen – eher harmlos lesen.

Der zweite Punkt steht gerade im Fokus der Debatte und mit ihm die Frage, ob es tatsächlich notwendig ist, harmlose Beleidigungen von Politikern strafrechtlich zu verfolgen. Ein Beispiel: Ein Nutzer postete auf der Plattform X ein Meme. Darauf zu sehen war ein Holzpfosten, ein Metallpfosten, ein Kunststoffpfosten und schließlich ein Bild von Robert Habeck mit der Aufschrift „Vollpfosten“. Er wurde verurteilt zu einer Strafe von 2100 Euro.

Grundlage für dieses Urteil ist Paragraph 188 des Strafgesetzbuches. Der Paragraph regelt „gegen Personen des politischen Lebens gerichtete“ Beleidigungen, üble Nachrede und Verleumdung, und er wurde erst vor vier Jahren geändert. Eigentlich, weil nach dem Mord an Walter Lübcke eine Diskussion darüber begonnen hatte, ob dieser Paragraph nicht auch für Kommunalpolitiker gelten sollte.

Kein Strafantrag mehr notwendig

Doch bei der Ausweitung auf die kommunale Ebene blieb es nicht. Paragraph 188 wurde zusätzlich um den Straftatbestand der Beleidigung erweitert. Und: Seit 2021 ist kein Strafantrag eines betroffenen Politikers mehr notwendig, damit die Staatsanwaltschaft beginnt, zu ermitteln, sie kann von sich aus tätig werden. In diesem Fall erhalten betroffene Politiker eine Benachrichtigung und können weiteren Ermittlungen widersprechen.

Tun sie das nicht, kann das Verfahren vor Gericht landen. Dann droht eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe. Voraussetzung für eine Verurteilung ist jedoch, dass die Tat das „öffentliche Wirken“ des betroffenen Politikers „erheblich erschwert“. Eine Frage der Interpretation.

In den bekannt gewordenen Fällen, in denen Habeck keinen Widerspruch eingelegt hat, kann an der Interpretation zumindest gezweifelt werden. Sowohl bei der Beleidigung als „Vollpfosten“ als auch in einem anderen viel diskutierten Fall, in dem ebenfalls ein Nutzer der Plattform X Habeck als „Schwachkopf“ beleidigte.

Auf der Plattform nahm ein rechter Mob die strafrechtliche Verfolgung dieses Falles zum Anlass, die Politiker der Grünen weiter zu diffamieren. Habeck selbst sagte in einer ARD-Sendung: „Natürlich ist ‚Schwachkopf‘ nicht die schlimmste Beleidigung, die jemals ausgesprochen wurde.“ Allerdings habe er sich zu Beginn der Legislatur, „als es so hart zuging“, dazu entschieden, Beleidigungen und Bedrohungen zur Anzeige zu bringen. Es seien sehr viele, die über Agenturen gefiltert würden.

AfD und FDP wollen §188 abschaffen

Mittlerweile ist die Rede von mehreren Hundert Strafanzeigen, die Robert Habeck und Außenministerin Annalena Baerbock seit ihrem Amtsantritt jeweils gestellt haben sollen. Damit lassen sie andere Minister weit hinter sich zurück. Allerdings ist auch unklar, wie viel häufiger Politiker der Grünen im Vergleich zu ihren Kollegen aus anderen Parteien beleidigt werden, stehen sie doch immer wieder im Fokus von Hetzkampagnen.

Die AfD würde Paragraph 188, ebenso wie die FDP, am liebsten ganz abschaffen. Eine Sonderbehandlung von Politikern im Strafrecht sei nicht notwendig, argumentierten die beiden Parteien Ende vergangenen Jahres im Bundestag. SPD und Grüne halten an dem Paragraphen fest, er schütze die Demokratie. Auch die CDU will nicht an der Regelung rütteln, kritisiert gleichzeitig jedoch die zahlreichen Anzeigen der Grünen und fordert mehr Souveränität im Umgang mit harmlosen Beleidigungen.

Alexander Heinze ist Vertretungsprofessor für internationales Strafrecht an der Universität Bremen. Seit Längerem forscht er zum Straftatbestand der Politikerbeleidigung. 2017 war er Sachverständiger im Rechtsausschuss zur Reform der Straftaten gegen ausländische Staaten. Damals ging es auch um Majestätsbeleidigung. Ausgelöst hatte die Debatte das „Schmähgedicht“ von Jan Böhmermann, in dem der Satiriker den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan beleidigte. Infolgedessen wurde der Paragraph, der solche Beleidigungen ahndete, abgeschafft.

Die Büchse der Pandora

„Es gab einen großen Gegenwind wegen dieses sogenannten Sonderstrafrechts“, sagt Heinze heute. Eine gesonderte Behandlung von Politikern besteht in Deutschland dennoch weiterhin. Auch, weil die Beleidigung des Bundespräsidenten im Gesetz gesondert behandelt wird. Dass zudem Paragraph 188 nun eine Renaissance erlebe, sei inkonsequent, sagt Heinze. Zumal ihm seit 2021 ein übergeordneter Zweck zugesprochen werde: der Schutz des politischen Meinungskampfes. Heinze sagt, dieser Umgang öffne die Büchse der Pandora.

Dabei sind Regelungen wie Paragraph 188 grundsätzlich nicht ungewöhnlich, wie der Blick ins europäische Ausland zeigt. Auch in Ländern wie Portugal oder Spanien ist die Beleidigung von Politikern gesondert geregelt. Einen wichtigen Unterschied zu Deutschland gebe es allerdings, sagt Heinze: Während hierzulande der Amtsinhaber als Person geschützt wird, geht es in den genannten Ländern allein um den Schutz des Amts. „Eine Beleidigung muss also in Verbindung mit der politischen Aktivität oder mit dem politischen Amt der Person stehen“, sagt Heinze. Weil es diese Einschränkung in Deutschland nicht gebe, führe das zu mehr Kriminalisierung. Ähnlich sei es in Italien.

Auch dort gab es Fälle eher harmloser Beleidigungen, die zu einer Verurteilung führten, angezeigt durch die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni. Eine Journalistin aus Mailand hatte auf der Plattform X ein mit Künstlicher Intelligenz generiertes Foto gepostet, das Meloni mit einem Bild des Diktators Benito Mussolini zeigte. Meloni reagierte darauf und schrieb, sie halte die Veröffentlichung einer solchen Fälschung durch eine professionelle Journalistin für eine ernste Angelegenheit. Die wiederum reagierte mit weiteren Tweets, in denen es hieß: „Du machst mir keine Angst, Giorgia Meloni. Außerdem bist du nur 1,20 Meter groß. Ich kann dich nicht einmal sehen.“

Ein Richter sprach die Journalistin im Juli vergangenen Jahres schließlich wegen Bodyshamings schuldig und verurteilte sie zu einer Strafe von 1200 Euro sowie einer Entschädigungszahlung von 5000 Euro an Meloni, die im Übrigen 1,60 Meter groß ist. Anschließend schrieb die Journalistin auf der Plattform X: „Italiens Regierung hat ein ernstes Problem mit der Meinungsfreiheit und journalistischem Widerspruch. Dieses Land scheint sich dem Ungarn Viktor Orbáns anzunähern: schlechte Zeiten für unabhängige Journalisten und Meinungsführer. Hoffen wir auf bessere Tage. Wir geben nicht auf!“

Eingriff in die Meinungsfreiheit

Zuvor war in Italien außerdem der Schriftsteller und Anti-Mafia-Aktivist Roberto Saviano zu tausend Euro Entschädigungszahlung verurteilt worden, weil er Meloni im Fernsehen als „Bastard“ bezeichnet hatte. Ein ähnlicher Fall ereignete sich 2021 in Polen, als der Schriftsteller Jakub Żulczyk in einem Beitrag auf Facebook schrieb: „Andrzej Duda ist ein Idiot.“ Żulczyk wurde wegen Beleidigung des polnischen Präsidenten angeklagt, später aber freigesprochen.

Und in Österreich erregte bereits 1991 ein Fall Aufmerksamkeit, in dem ein Journalist den damaligen FPÖ-Chef Jörg Haider als „Trottel“ bezeichnet hatte. Der Journalist wurde verurteilt, der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte sah darin später jedoch einen Eingriff in die Meinungsfreiheit. Zur gleichen Entscheidung kam der Gerichtshof auch im Fall des Franzosen und seines Plakats über Nicolas Sarkozy. Auch hier habe die Verurteilung gegen das Grundrecht auf Meinungsfreiheit verstoßen. Daraufhin schaffte Frankreich das Delikt der „Beleidigung des Staatschefs“ ab.

Es ist dieser Konflikt, der gerade auch in Deutschland ausgetragen wird. Ein Balanceakt zwischen Schutz von Politikern und Meinungsfreiheit. „Der Ruf nach dem Strafgesetzgeber ist immer eine große Versuchung“, sagt Strafrechtler Heinze, ein angstfreier Diskurs werde aber nicht durch Überkriminalisierung hergestellt. Heinze plädiert für einen verantwortungsvollen Umgang mit Paragraph 188. „Der Schutz von Politikern muss gewährleistet sein, und dass es Angriffe gibt, steht ebenso außer Zweifel wie der Einschüchterungseffekt von Shitstorms auf den Diskurs“, sagt er.

Mit der Überfrachtung des Strafgesetzbuches sei aber wenig geholfen. Stattdessen könne Paragraph 188, so wie er inzwischen zugeschnitten ist, in den falschen Händen irgendwann ein großes Problem darstellen. „Das Ziel, mittels Anwendung von Paragraph 188 StGB einen aus dem Ruder gelaufenen politischen Meinungskampf zu versachlichen, kann auch zum Missbrauch verleiten.“



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