2025-01-15 19:11:00
Unter den Augen zahlreicher Medienvertreter hat am Mittwoch die Verhandlung des Berliner Landgerichts zwischen dem Rundfunk Berlin Brandenburg (RBB) und seiner ehemaligen Intendantin, Patricia Schlesinger, begonnen. Vor rund zweieinhalb Jahren war Schlesinger die Verschwendung öffentlicher Mittel sowie Vetternwirtschaft vorgeworfen worden. Nun trafen die fristlos Entlassene und der ARD-Sender vor Gericht aufeinander.
Aufgrund des großen medialen Interesses war die Verhandlung in den größten Saal der Kammer verlegt worden, in dem normalerweise über Zwangsversteigerungen entschieden wird. Am Ende stand keine Entscheidung des Gerichts, sondern die Bereitschaft beider Parteien, über eine gütliche Einigung zu verhandeln. Sollte dies „nicht erfolgreich sein, wird das Gericht voraussichtlich im Sommer ein Urteil fällen“, sagte die Gerichtssprecherin Paula Riester. Die Verständigung auf ein Gütegespräch war das Ergebnis einer zwanzigminütigen Unterbrechung vor Gericht.
Angebot: Ruhegehalt erst 18 Monate später
„Wir haben vorgeschlagen, dass Frau Schlesinger 18 Monate später als vertraglich festgehalten Ruhegehalt erhält“, sagte Schlesingers Anwalt Thomas Wahlig. Das seien mehr als 300.000 Euro. Damit seien alle Forderungen der Gegenklage des RBB abgedeckt – bis auf mögliche Ansprüche aus dem gescheiterten Projekt des „Digitalen Medienhauses“. Der Anwalt zeigte sich zufrieden: „Der Richter ist weitgehend unserer Auffassung gefolgt.“
Vertreter des RBB wollten sich nicht zu möglichen Summen äußern. „Das Gericht hat uns Hausaufgaben gegeben“, sagte der Vorsitzende des RBB-Verwaltungsrats, Wolfgang Krüger, der F.A.Z. Eine Einigung müsse „im Interesse des Senders und der Beitragszahler und -zahlerinnen sein“. Zu den Ausführungen des Gerichts wollte sich Krüger nicht äußern. Der Verwaltungsrat werde am 29. Januar entscheiden, ob ein Mediator des Gerichts bei Gesprächen mit der Vertretung Schlesingers dabei sein soll.
Selbstbewusst im Gerichtssaal
Patricia Schlesinger betrat mit gewohnt selbstbewusstem Ausdruck den Gerichtssaal. Während der Verhandlung hielt sie sich weitgehend zurück. Nur zu der Frage, ob auch andere ÖRR-Führungskräfte ein solch hohes Ruhegeld erhielten, meldete sie sich länger selbst zu Wort. Zunächst hatte die 63-jährige Ex-Senderchefin Klage gegen den RBB eingereicht. Sie verlangt nach Gerichtsangaben ein monatliches Ruhegeld von 18.300 Euro. Der RBB reichte daraufhin Widerklage ein (Az. 105 O 6/23). Der Sender fordert nach Gerichtsangaben rund 1,78 Millionen Euro Schadenersatz. Darüber hinaus will der RBB erreichen, dass das Gericht Pflichtverletzungen Schlesingers feststellt. Dabei geht es auch um das verunglückte Projekt des Digitalen Medienhauses des RBB. Für die finanziellen Einbußen des Senders soll nach Willen des RBB die Ex-Intendantin aufkommen.
Der Richter Thomas Markfort ließ erkennen, dass er an diesem ersten Verhandlungstag kein Urteil fällen wolle. Er betonte, es sei im Interesse beider Parteien, eine gütliche Einigung zu finden. Denn eine gerichtliche Entscheidung ziehe wohl einen Gang durch die Instanzen nach sich. Angesichts des „großen Interesses“ an dem Fall sei eine Entscheidung nichts, „was man vor sich herschieben will“. Auf Wunsch der Anwälte des RBB gab er den Parteien bis etwa Ende Mai Zeit. Zuvor hatte sich der Richter ausführlich zu den wichtigsten Streitfragen geäußert.
Fehlverhalten nicht genau genug belegt?
Wenig erfreulich für den RBB dürfte sein, dass der Richter nicht zwischen der Frage des Übergangsgeldes und der Gewährung des Ruhegeldes ab Renteneintritt unterscheiden wollte. Auch befand er, dass nicht genau genug belegt sei, welches Fehlverhalten Schlesingers zu jeweils welchen finanziellen Schäden des Senders geführt habe. In der entscheidenden Frage, ob Höhe und Beginn des Schlesinger zugesagten Ruhegelds „sittenwidrig“ waren oder nicht, wies er auf die „Marktverhältnisse“ hin. Wenn anderen Intendanten ähnliche Gelder zustanden, wie Schlesinger sagte, sei dies nicht unbedingt der Fall.
Die Anwälte des RBB, rund um René Weißflog, verwiesen dagegen auf 80 Seiten Material, auf denen Pflichtverletzungen Schlesingers aufgelistet seien. So habe Schlesinger etwa Verträge mit Projektmanagern und Architekten zum Bau des Digitalen Medienhauses geschlossen, ohne eine Kostenschätzung abzuwarten.
Insgesamt dürfte der öffentliche Druck auf den Sender eine gütliche Einigung erschweren. Der RBB wird wohl nur einer Einigung zustimmen, die in der Öffentlichkeit nicht den Eindruck erweckt, dass Führungskräfte im öffentlich-rechtlichen Rundfunk bei schwerem Fehlverhalten einfach davonkommen. Vor rund zweieinhalb Jahren waren die Vorwürfe der Verschwendung sowie der Vetternwirtschaft gegen Schlesinger bekanntgeworden. Der RBB sah sich durch den Fall massiver Kritik ausgesetzt. Neben dem Zivilprozess am Landgericht Berlin ermittelt schon länger die Generalstaatsanwaltschaft Berlin gegen die Ex-Intendantin und einige ihrer Kollegen.
#Schlesinger #RBB #cherchent #une #comparaison #moins #sontils #suffisants
1736961547