2024-11-17 17:34:00
Friedrich von Metzler war gerne unter Menschen und sehr gerne brachte er Menschen zusammen – nicht zuletzt mit seiner Frau Sylvia im Haus in Frankfurt-Sachsenhausen, aber auch in dem häufig für Veranstaltungen genutzten Haus Metzler in Frankfurt-Bonames. Was die heutige Zeit als „Netzwerken“ beschreibt, bezeichnete Fürst Otto von Bismarck in seiner Zeit als Gesandter Preußens in Frankfurt als „Metzlern“: Schon die früheren Bankiers des Hauses Metzler waren dafür bekannt, ihren Gästen stets das Gefühl zu geben, willkommen zu sein. Natürlich denken Privatbankiers auch mal ans Geschäft, wenn sie andere Menschen treffen, aber im Falle Friedrich von Metzlers trat ein ehrliches Interesse an seinem Gesprächspartner hinzu sowie eine deutlich ausgeprägte Haltung freundlichen Wohlwollens.
Freilich drohte in den vergangenen Jahren über den Schilderungen des Frankfurter Ehrenbürgers sowie des äußerst großzügigen Mäzens und Förderers von Kultur, Wissenschaft und Bildung gelegentlich etwas verloren zu gehen, in welchem Maße Friedrich von Metzler ursprünglich und in erster Linie ein erfolgreicher Privatbankier war, der in sich die Verpflichtung spürte, das von ihm in noch jungen Jahren übernommene Bankhaus zu hegen und zu pflegen und in einem möglichst guten Zustand an die nächste Generation weiter zu geben.
Und wie andere erfolgreiche Privatbankiers, zu erinnern wäre in diesem Zusammenhang an David de Rothschild, interessierte sich Friedrich von Metzler vor allem in seinen späteren Jahren zwar sehr für die Geschichte seines Hauses, aber er wusste ganz genau, dass Geschäfte im Hier und Heute über die Zukunftsfähigkeit eines Unternehmens entscheiden. Friedrich von Metzler war mit Passion Geschäftsmann und er freute sich über erfolgreiche Geschäfte, auch wenn er diese Freude nicht nach außen trug.
„Das Wichtigste für einen Menschen ist sein Familienglück“
Die Übernahme von Verantwortung in einem traditionsreichen Familienunternehmen kann nicht nur als Glück, sondern auch als Bürde empfunden werden. Im Hause Metzer muss, und das mag ein Grund für die Langlebigkeit der Bank sein, kein Familienmitglied in das im Jahre 1674 ursprünglich als Güterhandelshaus gegründete Unternehmen einsteigen. „Das Wichtigste für einen Menschen ist sein Familienglück und erst dann der Beruf. Wir zwingen unsere Kinder nicht, in die Bank zu arbeiten, wenn sie damit nicht glücklich sind“, sagte Friedrich von Metzler einmal in einem Gespräch mit der F.A.Z. „Alles andere wäre schlecht für die Kinder, für die Mitarbeiter und für die Kunden der Bank.“ Für ich selbst stellte sich die Frage indessen nicht: „ Ich habe mich schon als junger Mann für Wirtschaft und für die Bank interessiert. Für mich war es selbstverständlich, in unsere Bank einzutreten.“
Friedrich von Metzler hat das Bankhaus nie wie ein absoluter Herrscher geführt, obgleich die „Sachsenhäuser Linie“ der Familie, der er angehörte, rund 80 Prozent der Anteile hält. (Die verbleibenden Anteile befinden sich im Besitz der „Bonameser Linie“.) Nachdem er Ende der sechziger Jahre nach für Privatbankiers üblichen Lehrjahren im Ausland in die Bank eingetreten war, teilte er sich rund zwei Jahrzehnte lang die Macht im operativen Geschäft mit seinem früh verstorbenen Cousin Christoph. Später umgab er sich mit Partnern, die ihre Geschäftsbereiche teils sehr selbstbewusst führten. Nicht unterschätzt werden darf die Rolle Hans Hermann Reschkes, der über Jahrzehnte nicht nur im Aufsichtsrat waltete, sondern vor allem als Ratgeber und als diskreter Moderator zwischen den beiden Linien der Familie tätig war.
Ein „behutsamer Reformer“
Mit Blick auf Friedrich von Metzlers Wirken in der Bank liegt die Bezeichnung „behutsamer Reformer“ nahe. Um das Jahr 1970 war das Bankhaus traditionsreich, sein Name bekannt, aber Metzler war niemals auch nur annähernd so groß gewesen wie die Frankfurter Konkurrenten Rothschild und Bethmann zu ihren jeweiligen Glanzzeiten. Friedrich von Metzler verschrieb sich vor allem der Beratung privater Kunden – sozusagen der Königsdisziplin des Privatbankgeschäfts, in der er seine Fähigkeit als Vertrauen erzeugender Geschäftspartner zur Geltung bringen konnte. Man hat ihn deswegen, aber auch wegen seines Habitus, als einen Bankier der alten Schule bezeichnet, und diese Wahrnehmung war umso berechtigter, als er in der Tradition der früheren Bankiers die alte, ruhmreiche und mittlerweile etwas verklärte alte Frankfurter Bürgergesellschaft zu repräsentieren verstand.
Gleichzeitig expandierte jedoch unter seiner Ägide das Bankhaus gemessenen Schrittes, weil sich die Finanzmärkte weiter entwickelten, globaler wurden und neue Produkte und Handelstechniken das Licht der Welt erblickten. Manches, wie die Beratung institutioneller Vermögen, gelang im Hause Metzler, weniger glückliche Expansionsversuche wurden stillschweigend wieder aufgegeben. Die Sicherung der langfristigen Unabhängigkeit der Bank war der Familie stets wichtiger als eine mit hohen Risiken verbundene kurzfristige Maximierung des Gewinns. „Von meinem Onkel stammt das Motto: Wir sind dankbar. Zufrieden sein erlauben wir uns nicht“, bemerkte Friedrich von Metzler einmal. Auch deshalb ist das Bankhaus Metzler , anders als die meisten anderen früheren Privatbankhäuser, immer noch da.
Von der Börse fasziniert
Wie viele Privatbankiers in der Geschichte zeigte sich auch Friedrich von Metzler von der Börse fasziniert. Als Vorstandsmitglied der Frankfurter Wertpapierbörse trieb er die Gründung der Deutsche Börse AG voran, um den Finanzstandort Deutschland zu stärken. Über Jahrzehnte setzte er sich für die Aktie als Kapitalanlage auch für Menschen mit kleineren Vermögen und für die Soziale Marktwirtschaft als Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung ein. Für seine vielfältigen Tätigkeiten hat Friedrich von Metzler im Laufe der Jahrzehnte zahlreiche Ehrungen erhalten. So war er Ehrenbürger der Stadt Frankfurt am Main; auch trug er den Hessischen Verdienstorden.
Hinter dem in der Öffentlichkeit stets freundlichen Blick Friedrich von Metzlers verbarg sich seit der Ermordung seines Sohnes Jakob im Jahre 2002 eine große Tragik. Über diesen Verlust kam er nie hinweg, und auch wenn er nach außen mit einer beeindruckenden Würde seinen tiefen Schmerz nicht zeigte, so war dieser Schmerz für jene Menschen, die ihm näher standen, unverkennbar. Doch auch wenn ihm das Böse begegnet war, wollte er weiterhin an das Gute in den Menschen glauben. „Als ein Bankier muss man ein Menschenfreund sein“, sagte er einmal.
Kinder in die Fußstapfen getreten
In der Bank sind seine jüngeren Kinder Franz und Elena derweil in die Fußstapfen ihrer Vorfahren getreten; Franz als Mitglied des Vorstands und Elena als Mitglied des Aufsichtsrats. So ist denn ein weiteres Mal in der bald 350 Jahre alten Geschichte des Hauses ein Generationenübergang gelungen. Eine erhebliche Rolle in diesem Prozess spielte Friedrich von Metzlers langjähriger Vertrauter Emmerich Müller, der die Bank einige Jahre als „primus inter pares“ leitete.
Friedrich von Metzler hatte sich über mehrere Jahre allmählich aus dem Geschäft der Bank zurückgezogen und sich zuletzt auf Besuche langjähriger Kunden beschränkt. Schon seit einiger Zeit gaben die Nachrichten über seinen Gesundheitszustand Anlass zur Sorge; seinen 80. Geburtstag im April 2023 konnte er nur noch in einem kleineren Rahmen als vorgesehen feiern. Am 17. November 2024 ist Friedrich von Metzler im Alter von 81 Jahren im Kreise seiner Familie verstorben. Einen Privatbankier, vor allem aber einen Menschen wie ihn wird es so schnell nicht mehr geben.
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