2024-05-26 19:34:51
Endlich. 93 Jahre hat es gedauert, bis der zweite Monegasse den Grand Prix von Monaco gewinnt. Am Sonntag begrüßte Prinz Albert II. Charles Leclerc kurz nach dem Formel-1-Rennen in seinem Fürstentum als Ersten. Der Sohn der Gemeinde folgte Louis Chirons Tour im Bugatti zum Sieg 1931. Und strahlte über das glückliche Ende einer unglücklich begonnenen Beziehung: Zweimal allein von der Pole-Position gestartet, nie unter die ersten Drei gekommen.
Aber diesmal erklärte Leclerc seinen früheren Schulweg nicht nur rhetorisch zu seinem Hoheitsgebiet. Er kontrollierte im Ferrari das Rennen von der ersten bis zur letzten Runde und ließ dem immer wieder drängelnden Oscar Piastri im McLaren als Zweitem und seinem Teamkollegen Carlos Sainz (Dritter) keine Chance, ihm, Fürst und dessen Untertanen den schönen Frühsommer-Nachmittag zu vermiesen. Leclerc verkürzte Rückstand in der Fahrerwertung hinter Max Verstappen (Sechster) auf 31 Punkte.
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Leclerc entledigte sich mit seiner Premiere als König der Autofahrer im Fürstentum einer Last auf seinen Schultern, wie schon seine Lautmalerei am Boxenfunk nach der Zieldurchfahrt verriet: „Yeah, yeah, wow, wow. Uff.“ Aus dem Auto gesprungen trocknete er die Tränen der Rührung und übersetzte seine gewaltige Freude über den hart erarbeiteten Sieg in einen Tanz vor der Loge des ehemaligen Erbprinzen.
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Wie eine Kugel im Flipperautomaten
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Die Neigung, dem Rennen in Monaco eine gewisse Langeweile vorherzusagen, widersprachen die Piloten. Erst in Wort, am Sonntag anfangs auch in Tat: Sainz rollte in der ersten Runde nach der Massenet-Kurve mit geplatztem Reifen geradeaus von der Ideallinie. Aber ehe noch die Enttäuschung Ferraris über den Verlust des Spaniers als potenziellem Gehilfen für Leclerc im Strategiezentrum angekommen schien, sah die Auffahrt zum Casino aus wie ein Trümmerfeld. Übersäht mit den Teilen des Red Bull von Sergio Perez. Nur das rechte Hinterrad hing noch am Chassis. Abbruch der Sause.
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Der Mexikaner blieb beim Crash äußerlich unverletzt. Sein Missvergnügen, ohnehin nach Platz 18. im Qualifying fast auf die Spitze getrieben, steigerte sich mit Blick auf die Ursache: Kevin Magnussen hatte Perez bei Tempo 200 mit seinem linken Vorderrad in eine Drehung versetzt und den Rennwagen in die Kugel eines Flipperautomaten verwandelt: Anschlag rechts, Anschlag links und die Kaltverformung reduzierte den Rennwagen sekundenschnell auf ein Stillleben.
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Weil Perez in diesem Prozess den Boliden von Magnussens Teamkollegen Nico Hülkenberg um 180 Grad drehte, konnte Haas nach rund zwanzig Sekunden einpacken. Perez und Hülkenberg verstanden die Rennfahrerwelt nicht mehr: „Wir sind zu Kevin“, erzählte der Rheinländer und haben ihm gesagt: „Hey, was soll das? Die Strecke ist zu eng und zu schnell, um zu überholen.“
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Für Verstappen geht es um Schadensbegrenzung
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Mehr Glück hatte Sainz nach seinem Ausritt wegen eines platten Reifens, den ihm Piastri beschert hatte. Beim zweiten Start etwa 45 Minuten später stand er wieder auf Startplatz drei: Reset und fast alle und alles wieder auf Anfang. Diesmal kam das Feld schadlos in die Gänge. Leclerc bewies noch einmal gute Nerven („Das macht den Sieg noch wertvoller“), behauptete seine Führung vor Piastri, Sainz und Norris im zweiten McLaren, George Russell (Mercedes/5.) und dem Weltmeister.
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Verstappen hatte schon bezahlt für die Schwäche seines Red Bull im Fürstentum. Bodenwellen und das harte Überfahren der Randsteine liegen dem RB20 nicht. Was auch immer die Ingenieure versuchten, der Champion fühlte sich im Auto wie ein „hüpfendes Känguru“ auf Stadtrundfahrt. Ein altbekanntes Problem. Nur konnte sich der Seriensieger die Schwäche im vergangenen Jahr leisten. Die Gegner kamen Red Bull nicht nah genug. „Offenbar haben wir es nicht geschafft, dem Auto die Schwäche auszutreiben“, sagte der Niederländer, der, am Samstag beim Qualifying am Limit, nach einer Leitplanken-Berührung die Jagd auf Leclercs Bestzeit aufgab: Sechster. Was ihm blieb? Geduldig zu bleiben nach fünf Siegen in sieben Rennen: Es ging um Schadensbegrenzung.
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Kaum hatte der Grand-Prix-Verlauf den ruhenden Fan mit einem Knall aus dem Mittagsschlaf gerissen, leitete das Kreisen unter Vollgas den bei Fahrern wie Veranstaltern gefürchteten Ermüdungsprozess ein. Runde um Runde haarscharf an allem vorbei, was aus Form und Fassung bringen kann. Aber die Nähe, etwa Piastris zum Vorfahrer Leclerc (0,7 Sekunden) bot keine Überholchance. Es gibt ja keine Gerade mit genügend Anlauf, keinen breiten Boulevard mit ausreichend Verdrängungsraum.
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Was passiert in Kanada?
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Und dank der Unterbrechung bot sich den Rennställen noch die Gelegenheit, ohne weiteren, gefährlichen, weil fehleranfälligen Boxenstopp ins Ziel zu rauschen. Deshalb wählten die ersten vier vor dem Neustart harte Pneus. Zur Hälfte des Grand Prix entschwanden sie der zweiten Geschwindigkeits-Klasse mit Russell vor dem gebremsten Verstappen, der halb im Scherz um etwas Komfort in seiner Rüttelkiste bat: „Gebt mir ein Kopfkissen.“
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Die dritte Gruppe mit Anführer Yuki Tsunoda (Racing Bulls/8.) lag schon mehr als 40 Sekunden hinter dem Führenden. Und so bot sich den Zuschauern auf den voll besetzten Tribünen, auf den Hängen unterhalb des Palastes, auf den Balkonen und Yachten im Hafen ein Bild, das vom Trend zeugt: Ferrari knapp vor McLaren, der Erste Leclerc dem Vierten Norris nicht mal vier Sekunden voraus. Geht da noch was unter den Schnellsten? Überholen ist schließlich nicht unmöglich. Lance Stroll gelang es im Aston Martin weit hinten.
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Vorne attackierte Norris mit dem Hintergedanken, Sainz in einen Fehler zu treiben, wenn die Müdigkeit die Fahrer überkommt, nach 70 Runden mit allein rund 55 Schaltvorgängen pro Tour. Nichts zu machen. Aber einer flog voran. Während Leclerc das Rennen kontrollierte, steckte Verstappen nach seinem Boxenstopp und einer Aufholjagd fast im Getriebe von Russells Mercedes. Eine leichte Beute – auf anderen Strecken. Vielleicht in zwei Wochen in Kanada? Eher nicht. Wenn Verstappens Auto weiter so hüpft, wird ihm in Montreal kein Sprung gelingen vorbei an McLaren und Ferrari. Insofern deute Monaco etwas an: neue Spannung.
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