2024-06-27 20:00:07
Der Rang in der Weltbestenliste ist eigentlich ein Indiz dafür, wie gut eine Tennisspielerin im Vergleich zu anderen ist. Entscheidend für die Platzierung ist aber auch, wie regelmäßig man an Weltranglistenturnieren teilnimmt. Wer Weltklasse ist, aber nicht spielt, rutscht ab. Und so kann es passieren, dass bei einer Partie der Weltranglistensechsunddreißigsten gegen die auf Platz 112 Rangierende Letztere die Favoritin ist.
So geschehen bei den Bad Homburg Open am Mittwochabend. Veronika Kudermetova, ehemalige Top Ten-Spielerin, musste im Achtelfinale gegen die erst seit dem vergangenen Herbst wieder Turniere spielende ehemalige Weltranglistenerste Caroline Wozniacki auf den Platz. Die Russin hatte letztlich keine Chance, Wozniacki besiegte sie in 84 Minuten 6:2 und 6:4.
Die Dänin dominierte das Spiel von Beginn an. Kaum sichtbare Emotionen entwichen ihrem Körper, sehr kontrolliert und nahezu fehlerfrei ließ sie Kudermetova keine Chance. Zwei Breaks im sechsten und achten Spiel nach einigen „unforced errors“ Kudermetovas sicherten ihr den ersten Satz nach 38 Minuten in der Hitze von Bad Homburg (das Thermometer zeigt zwischenzeitlich knapp 30 Grad bei gnadenlosem Sonnenschein). Zu Beginn des zweiten Satzes machte diese Kudermetova zu schaffen: Der Kreislauf muckte, sie rief einen Physiotherapeuten herbei, der ihren Puls maß, konnte aber nach kurzer Zeit weiterspielen.
Trotz Erkrankung topfit
Und wie: Nachdem Wozniacki im zweiten Satz zwischenzeitlich 4:1 geführt hatte, gewann die Russin zwei Aufschlagspiele und holte ein Break – 4:4. Die Partie war im zweiten Satz nun deutlich besser, die Ballwechsel umkämpfter, die Gegnerinnen kurze Zeit auf Augenhöhe. Wozniacki zeigte aber keine Nerven, drehte noch einmal auf und holte beim entscheidenden zehnten Spiel des zweiten Satzes ihr viertes Break der Partie.
Von Erschöpfung, Müdigkeit oder Leistungsschwäche also keine Spur, obwohl das die ersten Ergebnisse sind, wenn man die Symptome der Autoimmunerkrankung in die Suchmaschine eintippt, die bei Wozniacki kurz nach dem Gewinn der Australian Open 2018 diagnostiziert worden war: rheumatoide Arthritis. Eine Erkrankung, bei der das Immunsystem die Innenhaut der Gelenke angreift. Gleichwohl machten sich die Leiden bemerkbar, sagte Wozniacki nach der Partie. „Damit normal zu leben, ist schon nicht einfach. Auf höchstem Niveau Tennis zu spielen, ist noch härter.“ Die Krankheit sei einer der Gründe, warum sie nur ausgewählte Turniere spiele. Um Bad Homburg und auch Wimbledon in der kommenden Woche spielen zu können, brauchte sie eine Wildcard.
Dennoch habe sie in den vergangenen Jahren gelernt, damit umzugehen, wisse mittlerweile, wie viel sie sich zutrauen könne, sagte Wozniacki. Außerdem sei es ihr wichtig, andere Menschen mit Autoimmunerkrankungen zu inspirieren. „Sie sollen wissen, dass sie schaffen können, was sie möchten, auch mit der Krankheit.“
Nach ihrem vorläufigen Karriereende 2020 in Melbourne hatte Wozniacki mit ihrem Mann, dem Basketballspieler David Lee, zwei Kinder bekommen und erst im vergangenen Sommer ihr Comeback angekündigt. Bei den US Open im August und September setzte sie direkt ein Ausrufezeichen, erreichte das Achtelfinale, in dem sie gegen die spätere Turniersiegerin Coco Gauff erst nach drei Sätzen ausschied.
Selbstbewusst vor Wimbledon
Im Viertelfinale von Bad Homburg spielt die Dänin am späten Donnerstagnachmittag gegen die auf Position drei gesetzte Weltranglistenneunzehnte Emma Navarro, die zuvor gegen Peyton Stearns schon nach 66 Minuten 6:4, 6:1 gewonnen hatte. Es ist ihr erstes Aufeinandertreffen bei einem Turnier, auch wenn sie schon in Charleston im März gemeinsam trainiert hatten. „Sie ist sehr talentiert, und wird eine harte Gegnerin. Aber ich freue mich auf die Herausforderung“, sagte Wozniacki am Mittwochabend.
Mit Blick Richtung Wimbledon zeigte sich Wozniacki selbstbewusst. „Wenn ich in Form bin, kann ich jede schlagen.“ Auf Rasen zu spielen liege ihr. Auch deshalb ist Bad Homburg für viele vor allem eines: der finale Test vor Wimbledon. Doch dieser endete für Wozniacki letztlich mit einem bitteren Rückschlag, als die Dänin gegen Navarro verletzt im dritten Satz aufgeben musste.
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